Afghanische Hauptstadt Kabul Taliban starten Großangriff auf Diplomatenviertel

Spektakuläre Kommandoaktion kurz nach dem zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September: Taliban-Kämpfer haben das Diplomatenviertel in der afghanischen Hauptstadt Kabul unter Beschuss genommen - US-Botschaft und Isaf-Hauptquartier waren die Ziele.

Kämpfer der radikalislamischen Taliban haben am Dienstag in der afghanischen Hauptstadt Kabul bei einem groß angelegten Angriff afghanische und internationale Einrichtungen attackiert. Ziel waren unter anderem das Hauptquartier der NATO-geführten ISAF-Truppe sowie die Gegend um die US-Botschaft. Laut afghanischen Regierungsvertretern töteten die Angreifer mindestens vier Polizisten und zwei Zivilisten, 15 Menschen wurden verletzt.

Im streng bewachten Zentrum Kabuls waren vom Nachmittag an Detonationen und Gefechte mit Schusswaffen zu hören, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Gefechte hielten auch nach Einbruch der Dunkelheit an. Mehrere Angreifer verschanzten sich in einem im Bau befindlichen Gebäude und feuerten von dort auf den etwa hundert Meter entfernten Sitz des afghanischen Geheimdienstes NDS, wie ein afghanischer Regierungsvertreter sagte.

Nach Angaben eines westlichen Militärvertreters wurde auch das etwa 500 Meter weiter entfernt liegende Hauptquartier der ISAF attackiert, in dessen Nähe sich auch die US-Botschaft befindet. Die ISAF-Soldaten hätten "zurückgeschlagen", es sei keiner von ihnen zu Schaden gekommen. Eine Sprecherin der US-Botschaft bestätigte, dass die Angriffe in der Nähe stattfänden. Die US-Vertretung in der afghanischen Hauptstadt ist mit hunderten Mitarbeitern eine der größten weltweit.

Sicherheit bleibt löchrig

Von den verschanzten Taliban wurden laut einem Sprecher des Innenministeriums drei getötet, einer oder zwei leisteten demnach am Abend weiter Widerstand. Zwei Selbstmordattentäter attackierten zudem Polizeikasernen im Westen Kabuls, wie die Polizei mitteilte. Sie konnten zwar erschossen werden, dabei detonierten aber ihre Sprengstoffwesten. Ein weiterer Selbstmordattentäter mit sieben Kilogramm Sprengstoff wurde auf der Straße zum Flughafen getötet. Ein Taliban-Sprecher erklärte in einer SMS an AFP, Ziel der "massiven Selbstmordangriffe" seien Vertretungen afghanischer und ausländischer Geheimdienste.

US-Außenministerin Hillary Clinton sagte in Washington, die USA ließen sich von solchen "feigen" Angriffen nicht "einschüchtern". NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte in Brüssel, die Taliban versuchten die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen zu stören. Dies werde ihnen aber nicht gelingen. Afghanistans Staatschef Hamid Karsai erklärte, die Angriffe würden die Afghanen lediglich in ihrem Willen bestärken, die Verantwortung für ihr Land zu übernehmen.

Die NATO will bis Ende 2014 ihre Kampftruppen aus Afghanistan abziehen und bis dahin die Sicherheitsverantwortung im ganzen Land an die afghanischen Behörden übergeben. Zuletzt konnten die Aufständischen aber immer wieder bis in die streng bewachte, bereits unter afghanischer Sicherheitsverantwortung stehende Hauptstadt Kabul hinein blutige Angriffe verüben.

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AFP/DPA