Atomprogramm Hat Bush Iran-Gefahr übertrieben?

Ist der Iran weniger gefährlich als gedacht? Bislang fürchtete die internationale Gemeinschaft, das Land strebe schnellstmöglich nach Nuklearwaffen. Nun gibt ein US-Geheimdienstbericht Entwarnung. Die US-Regierung sieht sich in ihrem harten Kurs dennoch bestätigt, man sei auch zu Recht besorgt gewesen.

Der Bau einer iranischen Atombombe ist gegenwärtig weniger wahrscheinlich als bisher angenommen. In einer in Washington veröffentlichten Einschätzung der 16 US- Spionagebehörden heißt es, die Regierung in Teheran sei inzwischen "weniger entschlossen", ein Nukleararsenal aufzubauen. Das Atomwaffenprogramm des Irans sei bereits 2003 unterbrochen und zumindest bis Mitte dieses Jahres nicht wieder aufgenommen worden, hauptsächlich wegen der zunehmenden internationalen Überwachung und wegen des internationalen Drucks. Noch vor zwei Jahren hatten die Geheimdienste die Lage deutlich kritischer eingeschätzt.

USA wollen weiter Druck ausüben

Das offizielle Washington bewertete den jüngsten Report im Großen und Ganzen als "gute Nachricht" und als Bestätigung seiner Strategie erhöhten internationalen Drucks gepaart mit Verhandlungsbereitschaft. Die geheimdienstlichen Erkenntnisse zeigten aber auch, dass die USA zu Recht über die Gefahr eines atomar bewaffneten Irans besorgt gewesen seien, sagte Sicherheitsberater Stephen Hadley. "Und wir bleiben besorgt." Auf eine Frage, ob Präsident George W. Bush die iranische "Bedrohung" nicht "hochgespielt" habe, antwortete Hadley, der Präsident habe die Bedrohung so dargestellt, wie die Geheimdienste sie ihm selbst beschrieben hätten. Die Erkenntnisse gäben allerdings auch Grund zur Hoffnung, dass der Atomstreit mit diplomatischen Mitteln gelöst werden könne, "ohne die Anwendung von Gewalt", teilte Hadley weiter mit.

Hadley rief dazu auf, jetzt in den Bemühungen zur Verhinderung eines iranischen Atomwaffenbesitzes nicht nachzulassen. Nötig sei es vielmehr, noch einmal die Daumenschrauben anzuziehen: durch diplomatische Isolierung, UN-Sanktionen und "anderen finanziellen Druck".

In der Studie der Geheimdienste heißt es, es sei unklar, ob Teheran derzeit beabsichtige, Atomwaffen zu entwickeln. Der Iran halte sich zumindest entsprechende Möglichkeiten offen. Technisch wäre das Land aber "frühestens Ende 2009" in der Lage, hochangereichertes Uran für die Atomwaffenproduktion herzustellen. Dies sei allerdings "sehr unwahrscheinlich".

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, der Bericht enthalte eine Reihe interessanter Einzelheiten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sehe sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass der von der internationalen Gemeinschaft gewählte doppelte Ansatz von Anreizen und Maßnahmen richtig gewesen sei. Zu den Einzelheiten des Berichts werde Steinmeier noch am Abend ein Gespräch mit der US-Außenministerin Condoleezza Rice führen.

Der Bericht wird von den verschiedenen US-Geheimdiensten als gemeinsamer Überblick erstellt. Mit seiner Veröffentlichung dürfte es für die USA nun schwerer werden, andere Länder von ihrer Iran-Politik zu überzeugen. Die Bush-Regierung will wegen iranischen Atomprogramms eine dritte Sanktionsrunde gegen die Islamische Republik durchsetzen. Der Westen verdächtigt den Iran, den Bau einer Atombombe anzustreben. Das Land hat wiederholt erklärt, sein Atomprogramm diene ausschließlich friedlichen Zielen.

DPA · Reuters
DPA/Reuters