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Boko Haram Diese Horrortruppe terrorisiert Nigeria

Sie metzeln Menschen zu Hunderten ab, brennen Dörfer und Vieh nieder und entführen junge Mädchen, um sie zu versklaven - Boko Haram versetzt Nigeria in Angst und Schrecken. Wer ist diese Terrorgruppe?
Von Niels Kruse
  • Anfang Mai 2014 entführt die Boko Haram elf Mädchen im Nordosten Nigerias
  • 273 Mädchen werden im April 2014 aus einer Schule verschleppt. Die Terroristen kündigen an, sie zu verkaufen, zu versklaven oder sie zwangszuverheiraten.
  • Doppelanschlag auf einen Busbahnhof: 75 Berufspendler kommen am 14. April 2014 ums Leben.
  • 125 Bewohner des Dorfes Gamburu werden im April 2014 massakriert. Die Angreifer brannten Häuser, Vieh und Getreidevorräte nieder.
  • 200 Menschen fallen allein im Laufe März 2014 Attacken von Boko Haram zum Opfer. Die Islamisten überfallen Dörfer, verüben Bomben- und Selbstmordanschläge, Bewohner eines Dorfes werden mit Maschinengewehren und Raketenwerfern beschossen.
  • In einen Schulkomplex im Bundesstaat Yobe töten 50 Maskierte im Februar 2014 43 Menschen. Vielen der meist jugendlichen Opfer werden die Kehlen durchgeschnitten.
  • Mehr als 100 Bewohner des überwiegend von Christen bewohnten Dorfs Izghe werden im Februar 2013 brutal getötet. Die Opfer, darunter auch eine alte Frau, wurde zusammengetrieben und laut der Regierung regelrecht "zerhackt und geschlachtet".
  • Rund 40 Menschen sterben bei Angriffen auf Kirchen und andere christliche Einrichtungen in den ersten Monaten des Jahres 2012.

Dies ist nur eine kleine Auswahl an Terrorattacken der Boko Haram im Norden Nigerias der letzten Zeit. Eine sehr kleine. Und wer sich das Video des mutmaßlichen Drahtziehers (oben) hinter diesen grauenhaften Blutbädern anschaut, bekommt nicht den Eindruck, dass sich irgendetwas zum Besseren wenden könnte. Mit linkischen Gesten und wirren Worten erklärt dort Abubakar Shekau, dass die entführten jungen Mädchen mit ihren neun Jahren reif genug seien, um versklavt zu werden. Dann verkündet er: "Entweder ihr seid auf unserer Seite. Den wahren Muslimen, den Salafisten. Oder ihr seid für Obama, Francois Hollande, George Bush, Clinton. Ich habe Abraham Lincoln vergessen." Die Zeitung "Guardian" nennt ihn den "verrücktesten aller Kommandeure". Das ist noch geschmeichelt.

Seit 2009 ziehen die Islamisten der Boko Haram marodierend durch den Norden Nigerias. Mehr als 3600 Menschen sind durch deren Kämpfer seitdem ums Leben gekommen. Ihr Ziel sind vor allem Christen, aber noch mehr wollen sie einen Gottesstaat nach Art des Salafismus errichten, einer besonders überkommenden und sektiererischen Form des Islam. In ihrem Fokus geraten daher auch immer öfter moderate Muslime, die im Weltbild der Islamisten ebenfalls in die Rubrik "ungläubig" fallen. Als Abubakar Shekau vor fünf Jahren die Führung von Boko Haram übernahm, kündigte er in Richtung des nigerianischen Staatschefs Jonathan Goodluck an: "Uns zu besiegen, ist jenseits Deiner Fähigkeiten, Jonathan." Nach unzähligen Anschlägen, Tausenden von Toten und einer hilflos agierenden Regierung muss man sagen: Seine düstere Prophezeiung scheint sich zu bewahrheiten.

Shekau zerrt Nordnigeria immer mehr ins Chaos

Entstanden ist die Boko Haram vermutlich im Jahr 2004, als sich im Norden Nigerias langsam radikale Islamisten ausbreiteten. Der Name bedeutet aber so viel wie: "Westliche Bildung ist Sünde". Hintergrund der Bezeichnung ist die im muslimischen Norden Nigerias "tief verwurzelte Abneigung gegen westliche Umerziehung, die in der Kolonialzeit wurzelt", wie der Afrika-Experte Marc Engelhardt schreibt. Anfang des neuen Jahrhunderts gab die Regierung dem Druck der radikalen Kräfte nach und führte die islamische Rechtsordnung der Scharia ein. Damals arbeitete Boko-Haram-Gründer Mohammed Jusuf noch mit den offiziellen Stellen zusammen, doch ab 2007 fielen er und seine Bewegung zunehmend in Ungnade. Jusuf starb 2009 nach seiner Festnahme im Polizeigewahrsam. Seitdem führt Abubakar Shekau die Sekte und zerrt Nordnigeria immer mehr ins Chaos.

Wie viele Kämpfer dem Kommandeur unterstellt sind, ist unklar. Selbst Beobachter wagen keine Schätzungen. Ebenfalls unbekannt sind Herkunft und Alter des Terrorführers, vermutlich ist er Mitte 40. Er gilt als intellektuell, brutal, fromm und kriminell - kurz ein Sonderling. In die Hände spielt ihm und seiner Gruppe der Umstand, dass die nigerianische Regierung mit Spezialeinheiten rigoros gegen die Islamisten im Norden vorgeht und so selbst moderate Moslems gegen sich aufbringt. Wie mächtig Shekau tatsächlich ist, auch darüber sind sich Experten uneins. Die renommierte Nichtregierungsorganisation International Crisis Group (ICG) etwa schreibt in ihrem Bericht über Abubakar Shekau, dass er innerhalb der zersplitterten Boko Haram isoliert sei und nur Einfluss auf einige Terrorzellen habe.

Ungleich gefährlicher als die Truppe des "irren Kommandeurs" könnte die Boko-Haram-Gruppe Ansaru sein, die ihren Terrorfokus auf das Ausland legt. Schon jetzt leiden die Nachbarstaaten Niger und Kamerun unter den Gewaltausläufern der Islamisten. Und deren Regierungen sind im Zweifel noch weniger für diese Art der Bedrohung gewappnet als es Nigeria ist.

Das schreiben andere über die Islamisten:

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung über das verzwickte Verhältnis zwischen Christen und Muslimen und dem Norden und dem Süden Nigerias

Der britische Guardian mit einem Miniporträt von Abubakar Shekau (englisch)

Die Deutsche Welle über die "maßlose Gewalt in Nigeria" (Video)

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