Bei Stephen King lauert der Horror in der Kleinstadt. In der neuen WDR-Reportage "I love Trump: Warum die Amerikaner ihren Präsidenten lieben" ebenfalls. Winston County ist ein Bezirk mit 24.000 Einwohnern, mitten im sogenannten "Bible Belt" – dem Bibelgürtel in den Südstaaten, wo die gläubigen Evangelikalen wohnen.
In Winston County werden russische Gewehre noch an der Tankstelle verkauft. Konzession? Nö. "So läuft das bei uns", sagt ein Anwohner zu Reporter Peter Onneken. Es gibt also Knarren an der Tanke, aber keinen Alkohol in den Supermarktregalen – das sind hier die ganz normalen Moralvorstellungen. So läuft das bei ihnen.
Zwei Wochen in der Trump-Hochburg
Zwei Wochen ist Onneken durch die Trump-Hochburg getingelt. Er hat bedingungslose Anhänger des Präsidenten getroffen, aber auch einen unbeirrbaren Demokraten, der ausgerechnet in diesem Bezirk, der geschlossener als alle anderen für Trump gestimmt hat, gegen den republikanischen Kongressabgeordneten antritt, obwohl ihm die Niederlage so sicher ist wie das Amen in allen Kirchen von Winston County.

Zwei Wochen, zahlreiche Begegnungen, immer auf der Suche nach Antworten auf die Frage, die sich so viele Menschen rund um die Welt schon seit Jahren stellen: Was sind das für Menschen, die Donald Trump wählen? Entstanden ist bei diesem Projekt eine faszinierende Dokumentation, ein Sittengemälde, das stellenweise fassungslos macht.
Denn Onneken zeigt uns die Menschen, die Trump wählen. Die ihn nicht bloß unterstützen, nein, viele in Winston County lieben und verehren ihn regelrecht. Sie sagen Sätze wie:
– "Er ist der Beste seit Reagan!"
– "Er ist unser Erlöser!"
– "Er meint es ernst!"
– "Er ist kein Schwächling!"
– "Er lässt sich nicht herumschubsen!"
– "Er ist so wie die Männer hier!"
Sie nähren die Legende vom unbezwingbaren Trump und dem windigen Obama, der ihnen doch nur das Geld genommen hat, um es in den Iran zu schicken, oder die Legende vom "Clinton News Network" (CNN), die Legende vom Sumpf in Washington, all die Legenden, die sich in den letzten Jahren verselbstständigt und in all den Winston Counties der Vereinigten Staaten längst ein Eigenleben entwickelt haben. Sie schimpfen auf "linke Idioten", und immer wieder fragen sie bang nach beim Reporter: "Verstehen Sie mich? Sie verstehen das!"
Aber immer wieder betonen sie auch, dass sie nicht in allen Bereichen mit Trump übereinstimmen. Die größtenteils tiefreligiösen Menschen haben durchaus ein Problem mit der nicht selten proletenhaften Attitüde ihres Präsidenten. Aber dass er sich zum Beispiel gegen Abtreibung ausspricht und schon zwei erzkonservative Verfassungsrichter ernannt hat, stimmt sie milde genug: "Verstehen Sie mich? Sie verstehen das!"
Und Onneken gibt alles, um diese Menschen ein bisschen besser zu verstehen. Er sitzt mit ihnen beim Frühstück an der Theke im Diner und hört ihnen zu, wie sie von der alten Zeit schwärmen, wie sie ihr Verlangen nach einem Präsidenten, der das Land gefälligst wie ein Unternehmen führen soll, und nicht wie diese Berufspolitiker, die früher immer alles verbockt haben, zum Ausdruck bringen.
"I love Trump": Hitlergruß beim Highschool-Football
Der Reporter wird nach dem Besuch eines Highschool-Football-Spiels mit Hitlergruß verabschiedet. Und eine alte Frau erzählt ihm von acht bis zehn Kindern, die ihr an der Tankstelle eine abfällige Geste gezeigt hätten. "Der Hass gegenüber Weißen", sagt sie, "wurde diesen Kindern anerzogen." Ob das nicht traurig sei, fragt sie.
Horror wie dieser lauert hier, in der unteren Hälfte eines hoffnungslos geteilten Landes, an jeder Ecke. Onneken erträgt ihn stoisch. Er lässt die Menschen sprechen, das macht seinen Film so stark und so hart. Ihr radikales Verständnis, oder Missverständnis, von den Qualitäten, die der Leader of the Free World mitbringen sollte, lässt die Hingabe dieser Menschen an Trump zumindest nachvollziehen. Verstanden haben wir sie deshalb aber noch lange nicht. Verstehen Sie das? Sie verstehen das!
Hier finden Sie "I love Trump: Warum die Amerikaner ihren Präsidenten lieben" in der WDR-Mediathek