Die volle Trump-Dröhnung ist vorbei, nach fünf Tagen ging der Parteitag der Republikaner zu Ende. Am Schluss hatte Dana White, Chef des Ultimate Fighting-Verbandes das letzte Wort. Wie alle Sprecher vor ihm huldigte er dem Präsidenten und ergoss düstere Behauptungen übers Publikum: "Es ist unglaublich wie schnell die Rolle von Ersthelfern in Vergessenheit geraten ist. Also, komm schon, Amerika, der Polizei die Finanzierung zu entziehen ist nicht die Antwort." Zwar will niemand in den USA der Polizei die Gelder streichen, aber die Konservativen haben diese Unterstellung in letzter Zeit so oft wiederholt, dass sie sie mittlerweile selbst glauben.
Es ist die alte Trump-Schule: Den Leuten solange irgendwelchen Nonsens einbläuen, bis keiner mehr daran vorbeikommt. Nun waren Wahlkämpfe noch nie eine Zeit differenzierter Abwägungen und ausgewogener Analysen, doch Donald Trump hat die ohnehin schon verbreitete Dampfhammer-Rhetorik genauso auf ein neues Niveau gehoben, wie substanzlose Angeberei und ungeniertes Selbstlob. Seine Lieblingstochter Ivanka, wohl einer der wenigen Sympathieträger der Familie, sagte vor dem Auftritt ihres Vaters beinahe selbstkritisch: "Ich weiß, dass der Kommunikationsstil meines Vaters nicht jedermanns Sache ist. Aber die Ergebnisse sprechen für sich." Tun sie das?
Ein Faktencheck der Rede von US-Präsident Donald Trump
Trumps Behauptung: "Wir werden noch vor Jahresende einen Impfstoff produzieren - oder vielleicht sogar früher... Wir werden dieses Jahr eine sichere und wirksame Impfung haben."
Bewertung: Sehr optimistisch bis unwahrscheinlich.
Stand der Dinge: Die Suche nach einem Corona-Impfstoff läuft auf Hochtouren, auch dank einem finanziellen Anschub von der US-Regierung. Weltweit befinden sich mehrere Impfstoffe in klinischen Tests mit rund 30.000 Probanden, die die Wirksamkeit belegen sollen. Mit abschließenden Ergebnissen dieser Studien wird nicht vor dem Spätherbst gerechnet. Die Ergebnisse werden dann normalerweise unabhängig geprüft und veröffentlicht, bevor die Behörden eine reguläre Zulassung erwägen. Wegen der Pandemie wollen alle Beteiligten schnell vorgehen, aber keine Kompromisse bei der Sicherheit machen. Dem renommierten Immunologen Anthony Fauci zufolge, der auch das Weiße Haus berät, könnte es zum Jahresende oder Anfang 2021 einen Impfstoff geben.
Trumps Behauptung: "Wir haben eine ganze Reihe wirksamer Behandlungen entwickelt, inklusive einer wirkmächtigen Antikörper-Behandlung, die Tausende und Abertausende Leben retten wird."
Bewertung: Wahrscheinlich übertrieben.
Stand der Dinge: Es geht bei Trumps Behauptung um die jüngste Erteilung einer Notfallgenehmigung für die Behandlung von Covid-19-Patienten mit dem Blutplasma Genesener, das Antikörper gegen das Coronavirus enthält. In den USA wurden bereits über 70.000 Covid-Patienten experimentell mit Plasma behandelt. Entgegen Trumps Aussagen ist es aber bislang noch weitgehend unklar, wie wirksam Plasma tatsächlich ist, um die Covid-Sterblichkeitsrate zu senken. Bisher veröffentlichte Studien sind nur begrenzt aussagekräftig, weisen aber nach Ansicht vieler Experten nur auf einen begrenzten Nutzen der Behandlung hin.
Trumps Behauptung: "Anstatt der Wissenschaft zu folgen, will Joe Biden dem ganzen Land schmerzhafte Ausgangsbeschränkungen antun."
Bewertung: Mindestens irreführend.
Stand der Dinge: Biden verspricht, die Pandemie mit Hilfe einer nationalen Strategie einzudämmen. In einem Interview sagte er jüngst, dass er dabei dem Rat von Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten folgen würde. Falls diese zur Eindämmung der Pandemie neue Ausgangsbeschränkungen empfehlen sollten, würde er dem Folge leisten, sagte Biden. "Ich wäre bereit, alles Nötige zu tun, um Leben zu retten", sagte er im Gespräch mit dem Fernsehsender ABC. In den USA gibt es bislang knapp sechs Millionen bestätigte Corona-Infektionen und mehr als 180.000 Todesfälle - so viel wie nirgends sonst.
Trumps Behauptung: "Wir haben schon 300 Meilen (480 Kilometer) der Grenzmauer gebaut, und wir fügen jede Wochen zehn Meilen hinzu. Die Mauer wird bald komplett sein."
Bewertung: Das stimmt teilweise.
Stand der Dinge: Der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko war eines der zentralen Versprechen Trumps vor seiner Wahl zum Präsidenten. Bislang wurden nach Angaben des Heimatschutzministeriums umgerechnet rund 480 Kilometer fertiggestellt - das entspricht etwa 15 Prozent der rund 3200 Kilometer langen Grenze. Zumeist ersetzte Trumps Grenzmauer dabei aber nur bereits bestehende und veraltete Grenzanlagen. Der langsame Fortschritt beim Bau der Mauer liegt unter anderem am Widerstand der Demokraten im Kongress. Mit einer Notstandserklärung und Mitteln aus dem Verteidigungsministerium will Trump bis 2021 bis zu 800 Kilometer Mauer fertigstellen. Das scheint sehr optimistisch.
Trumps Behauptung: "Ich sage mit großer Bescheidenheit, dass ich mehr für die afroamerikanische Community getan habe als jeder Präsident seit Abraham Lincoln."
Bewertung: Übertrieben bis fragwürdig.
Stand der Dinge: Auf welche Errungenschaften sich Trump bei dieser oft wiederholten Behauptung bezieht, ist unklar. Unter Präsident Lincoln wurde vom Kongress der 13. Zusatz zur US-Verfassung angenommen, mit dem die Sklaverei in den USA abgeschafft wurde. Historiker sind sich weitgehend einig, dass in der jüngeren Geschichte Präsident Lyndon B. Johnson am meisten für Schwarze getan hat: In seiner Amtszeit wurde 1964 ein wichtiges Anti-Diskriminierungsgesetz beschlossen und ein Jahr später eine hart umkämpfte Wahlrechtsreform, die das Wahlrecht von Schwarzen und Angehörigen anderer Minderheiten sicherte.
Trumps Behauptung: "Unsere Nato-Partner zum Beispiel waren bei ihren Verteidigungsausgaben sehr weit im Hintertreffen. Aber nach meinem starken Drängen haben sie eingewilligt, zusätzlich pro Jahr 130 Milliarden zu zahlen. Und diese 130 Milliarden werden letztlich auf 400 Milliarden pro Jahr steigen."
Bewertung: Tendenziell richtig, im Detail falsch.
Stand der Dinge: Trump fordert die übrigen Nato-Staaten seit Beginn seiner Amtszeit auf, ihre Verteidigungsausgaben anzuheben. Er will, dass sie das Ziel des Bündnisses erfüllen, mindestens zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung fürs Militär auszugeben. Dazu hatten sich die Mitgliedsstaaten bereits 2014 verpflichtet, also vor Trumps Amtszeit. Zudem ist der von Trump erweckte Eindruck, dass es sich um jährliche Zahlungen handelt, falsch. Ende vergangenen Jahres hatte die Nato Zahlen präsentiert, wonach sich die Summe der Mehrausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas von Anfang 2016 bis Ende 2020 auf 130 Milliarden US-Dollar belaufen soll. Bis Ende 2024 sollen es dann rund 400 Milliarden Dollar sein.
Trumps Behauptung: "Wenn Joe Biden an die Macht kommt, wird die radikale Linke die Mittel für Polizeistellen in ganz Amerika streichen. Sie werden Gesetze beschließen, um die Sicherheitskräfte im ganzen Land zu reduzieren."
Bewertung: Sehr irreführend.
Stand der Dinge: Trotz der Forderung von manchen linken Demokraten hat sich Biden gegen pauschale Kürzungen von Polizeibudgets ausgesprochen. Biden will der Polizei unter bestimmten Bedingungen sogar mehr Mittel zukommen lassen. In einem Interview sagte er aber auch, dass manche Mittel umgeschichtet werden könnten, falls bestimmte Aufgaben besser von anderen Stellen gestemmt werden könnten. Biden hatte sich nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai mit Nachdruck für Polizeireformen ausgesprochen. Der Wahlkämpfer Trump gibt sich alle Mühe, Bidens Amerika als ein Land von Anarchie, Gewalt und Chaos zu beschreiben.
Trumps Behauptung: "In den letzten drei Monaten haben wir neun Millionen Arbeitsplätze hinzugewonnen - und das ist ein Rekord in der Geschichte des Landes."
Bewertung: Richtig, aber irreführend
Stand der Dinge: Infolge der Corona-Pandemie sind in den USA von Februar bis Ende April rund 22 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Von Mai bis Ende Juli haben dann gut neun Millionen Menschen wieder einen Job gefunden, was einem historisch schnellen Aufschwung entspricht. Allerdings sind damit nur rund 40 Prozent der ursprünglich verloren gegangenen Stellen wieder ersetzt worden. Im Juli stand die Arbeitslosenquote in den USA noch bei 10,2 Prozent, einem für die USA extrem hohen Wert. Vor der Corona-Krise lag die Quote bei 3,5 Prozent. Anfang August erhielten 27 Millionen Amerikaner eine Form der Arbeitslosenhilfe.
Trumps Behauptung: "Bis zum Ende der Legislaturperiode, werden wir 300 Bundesrichter ernannt haben, inklusive der beiden Stellen am Obersten Gerichtshof."
Bewertung: Übertrieben
Stand der Dinge: Die Ernennung von Bundesrichtern ist in den USA Sache des US-Präsidenten und des Kongresses und damit eine hochpolitische Angelegenheit. Bis zum 24. Juni dieses Jahres hat der Senat rund 200 von Trump nominierte Richterkandidaten bestätigt.
Quellen: DPA, AFP, "New York Post", NPR, CNN