Guanatanamo Die Häftlinge bekommen ein Gesicht

Was genau in dem Gefangenenlager Guantanamo geschieht und wer gefangen gehalten wird, hielt die USA jahrelang geheim. Erst nachdem ein Gericht die Herausgabe der Akten anordnete, veröffentlichte die USA jetzt auch Protokolle der Verhöre.

"Das ist ein Versuch, transparent zu sein", sagte Pentagon-Sprecher Bryan Whitman. Ausschlaggebend sei eine gerichtliche Anordnung vom vergangenen Monat gewesen, die das Verteidigungsministerium gezwungen hatte, 5000 Seiten seiner Guantanamo-Akten frei zu geben. Angesichts dieses Gerichtsentscheids habe das Pentagon entschieden, nun freiwillig weitere rund 2600 Seiten zu veröffentlichen. Bislang hatten die USA mit Verweis auf Sicherheitsbedenken die Freigabe des Materials stets strikt abgelehnt.

"Recht, wütend zu sein"

Angaben zur Identität von Gefangenen sind in dem Material nicht enthalten. Es lassen sich aber offenbar Rückschlüsse durch die zuvor veröffentlichten Akten ziehen, mit denen erstmals die Namen von mehreren hundert Insassen des umstrittenen Lagers in Guantanamo Bay auf Kuba an die Öffentlichkeit gelangten. Aus den Dokumenten geht hervor, dass viele Häftlinge vor dem Militärtribunal ihre Freilassung gefordert haben. In zahlreichen Anhörungen erklären sich die Gefangenen für unschuldig, während Offiziere der US-Streitkräfte versuchen, ihnen eine Verbindung zu terroristischen Gruppen oder dem gestürzten Taliban-Regime in Afghanistan nachzuweisen.

Seit vier Jahren ohne Anklage

"Mein Gewissen ist rein", sagte der algerische Gefangene Mohammed Nechla, der beschuldigt wird, einen Angriff auf die US-Botschaft in Sarajevo geplant zu haben. "Wenn ich diesen Ort verlasse, wird meine einzige Sorge sein, wie ich für meine Frau und meine Kinder Brot auf den Tisch bekomme." Der Pakistaner Zie Ul Shah, der ein Taliban-Chauffeur gewesen sein soll, räumte ein, dass er die Amerikaner wegen seiner Verhaftung zunächst gehasst habe. Erst als er Fotos der Anschläge vom 11. September 2001 gesehen habe, hätten sich seine Gefühle gewandelt. "Ich erkannte, dass sie ein Recht haben, wütend zu sein", sagte Shah vor dem Militärtribunal der US-Streitkräfte.

Die übergebenen Dokumente haben einen Umfang von 2.733 Seiten. Sie identifizieren weitere Gefangene, die bislang ohne Anklage seit teilweise vier Jahren in Guantanamo festgehalten werden. Insgesamt wurden 715 Personen nach Guantanamo gebracht. Zurzeit befinden sich nach Angaben von Pentagon-Sprecher Bryan Whitman noch 490 von ihnen auf dem US-Stützpunkt an der Südostküste von Kuba.

"Kenne Bin Laden nicht"

Whitman sagte, die Anhörungen hätten wertvolle Erkenntnisse zum Vorgehen der Terrororganisation Al Kaida erbracht. "Wir haben etwas über ihre Rekrutierungsmethoden erfahren und den Ort ihrer Rekrutierungszentren", sagte Whitman. Aus den neuen Dokumenten geht aber hervor, dass viele Gefangene wiederholt erklärten, dass sie keine Verbindungen zur al Kaida oder zu den Taliban gehabt hätten, sondern lediglich im Kriegsgebiet festgenommen worden seien. "Ich kenne Bin Laden nicht und auch sonst niemand", sagte der afghanische Gefangene Gano Nasorllah Hussain. "Ich bin ein Metzger und habe einen Laden in meinem Dorf."

AP · Reuters
Andrew Selksy/AP/Reuters

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