Irak Amerikaner diskutieren Truppenabzug

Die Durchführung von Wahlen im Irak wird dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush keine Atempause verschaffen. Denn die Diskussion um einen Truppenabzug ist in vollem Gange.

Mit der Wahl im Irak wird US-Präsident George W. Bush zwar wieder einen Punkt als fristgerecht abhaken, aber weder im Zweistromland noch an der Heimatfront wird für ihn Ruhe einziehen. Die Endlosdebatte über Tempo und Umfang des Truppenabzuges, Erfolg oder Misserfolg des Krieges, über Wiederaufbaukosten und Terrorismus dürfte sich sogar noch verschärfen.

Im November 2006 muss sich ein Teil der amerikanischen Senatoren und Abgeordneten zur Wahl stellen. Die oppositionellen Demokraten wollen dabei mit dem Thema Irak kräftig punkten. Angesichts von mehr als 2100 gefallenen US-Soldaten und der gigantischen Summe von 277 Milliarden Dollar (236 Milliarden Euro) Kriegskosten wird das Murren unter Bürgern und Politikern immer lauter. Weitere 100 Millionen Dollar soll der Krieg im kommenden Jahr verschlingen.

Die Bush-Regierung besitzt keinen Plan

Während derzeit führende Republikaner nach außen Parteidisziplin beweisen und wie ihr Präsident einen Fahrplan für den Abzug der mehr als 160.000 Soldaten ablehnen, könnte der Chor der Demokraten nicht vielstimmiger sein. Zwar sind sich die führenden Parteiköpfe einig, dass die Bush-Regierung alles vermasselt hat und keinen vernünftigen Plan besitzt - aber das war es dann schon an Gemeinsamkeit.

Der demokratische Abgeordnete und Vietnam-Kriegsveteran John Murtha will beispielsweise die Truppen innerhalb von sechs Monaten heimholen. Seine Begründung: Die USA hätten den Kampf um die Köpfe und Herzen der Iraker verloren und der Volksaufstand werde abebben, sobald der letzte US-Soldat das Zweistromland verlassen habe. Andere Demokraten sehen den 31. Dezember kommenden Jahres als Stichtag für das Ende des Militäreinsatzes. Ex-Präsident Bill Clinton wiederum will keinen Rückzugsplan, falls dies zu Chaos im Irak führen würde.

Enorme Sicherheitskosten im Irak

Streitpunkt Wiederaufbau: Zwar sind nach den Worten von US- Präsident George W. Bush die positiven Entwicklungen unverkennbar, aber der demokratische Senator Jack Reed macht die Gegenrechnung auf. Wegen der anhaltenden Gewalt fließt rund ein Viertel aller US-Ausgaben im Irak in den Sicherheitsbereich. Und mehr als die Hälfte der bewilligten Mittel für den Wiederaufbau konnte überhaupt nicht ausgegeben werden. "Die Amerikaner haben einen enormen Preis für die Fehler der Regierung im Irak bezahlt", sagt Reed.

Neuer Streit steht auch über den Umgang mit Iraks Nachbarn Syrien und Iran ins Haus. Die USA müssten alle Nachbarstaaten zum Bestandteil der Lösung und nicht des Problems machen, sagt beispielsweise der ehemalige Nato-Kommandeur Wesley Clark. Aus Sicht von Ex-Außenministerin Madeleine Albright sollten die USA wie seinerzeit in Afghanistan stärker auf eine regionale Kontaktgruppe setzen. Aber auch dabei kann man keinen Bogen um die ungeliebten Regierungen in Damaskus und Teheran machen.

Unruhepotenzial in politischen Prozess integrieren

Auch das Thema Terrorismus bleibt ein Dauerbrenner. Die US- Regierung kalkuliert, dass Gewalt und Terror abebben, sobald stabile politische Verhältnisse in den Irak einziehen. So hofft US- Botschafter Zalmay Khalilzad, dass sich das Unruhepotenzial unter den Sunniten in den politischen Prozess einbinden lässt. Die US-Armee hätte dann leichteres Spiel mit dem Rest: den Terroristen und Gefolgsleuten von Ex-Präsident Saddam Hussein.

Andere halten die Bush-Prämisse, es sei besser im Irak gegen Terroristen zu kämpfen als in den USA, für naiv, illusorisch oder grundsätzlich falsch. Die Terroristen im Irak sammelten beim Kampf gegen die beste Armee der Welt viel nützliche Erfahrung für künftige Operationen vor allem für Terroranschläge in Städten, schreibt das Fachblatt "Foreign Affairs". Die ausländischen Terroristen im Irak sowie die zu ihnen gestoßenen Iraker avancierten zu einer neuen Sturmtruppe der internationalen Gotteskrieger-Bewegung, die sowohl die USA als auch deren Verbündete in Nahost und Europa bedrohten.

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Hans Dahne/DPA