Die USA haben zugesagt, den für diesen Montag erwarteten Irak-Bericht der UN-Inspekteure genau zu prüfen. «Aber die Zeit ist knapp», sagte US-Außenminister Colin Powell am Sonntag in einer Rede vor dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. Er bekräftigte, dass die USA auch ohne Unterstützung durch den UN- Sicherheitsrat gegen den Irak Krieg führen werden. Die einstimmig verabschiedete UN-Resolution 1441 biete dazu die Möglichkeit. Gleichzeitig warb er bei den Kritikern der amerikanischen Irak- Politik um Vertrauen.
Die Vereinten Nationen hätten dem Irak eine letzte Chance gegeben, nachdem er elf Jahre lang der Welt getrotzt habe, sagte Powell. «Es gibt kein Land in der Welt, das (Saddam) Hussein vertraut». Die UN- Entschließung verpflichte den Irak, vollständige Informationen über Massenvernichtungswaffen zu geben. «Es geht nicht darum herauszufinden, dass er nicht abgerüstet hat. Es geht darum, dass er zeigt, dass er abgerüstet hat.» Auf vor allem europäische Vorstellungen, den UN-Inspekteuren mehr Zeit zu geben, entgegnete Powell, es gehe nicht um Zeit. «Saddam muss die Wahrheit sagen, er muss die Wahrheit jetzt sagen.»
«Wir wollen nicht überstürzt handeln»
Die US-Regierung werde den von den UN-Inspekteuren vorgelegten Bericht ernsthaft prüfen und sich dann mit den anderen Mitgliedern des Sicherheitsrates beraten. «Wir wollen nicht überstürzt handeln. (Aber) die Verweigerung Saddams ist auch eine Herausforderung des Sicherheitsrates», sagte der Minister. Dessen Mitglieder hätten mit der Verabschiedung der Resolution auch die Verantwortung übernommen, «ihren Worten Taten folgen zu lassen», fügte er hinzu.
Powell bekräftigte die Entschlossenheit der USA. «Wir werden nicht vor einem Krieg zurückschrecken, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, den Irak von Massenvernichtungswaffen zu befreien.» Die Geschichte werde die verurteilen, «die die Gefahr kommen sahen, aber nichts dagegen unternahmen». Die USA würden keine Abstriche machen, wenn sie von etwas überzeugt seien, auch wenn man mit Europa eng zusammenarbeiten wolle.
«UN-Inspekteuren mehr Zeit einräumen»
Am Samstag hatte der griechische Außenminister Andreas Papandreou erklärt, er gehe davon aus, dass ein Krieg immer noch vermieden werden könne. Auch müsse man den UN-Inspekteuren mehr Zeit einräumen. Es gebe eine breite Übereinstimmung in der EU, dass vor einem Angriff eine zweite UN-Resolution nötig sei, sagte der Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende weiter. Ein Angebot der Schweiz, ein «Treffen der letzten Chance» zwischen den USA und dem Irak zu organisieren, sei von Powell nicht aufgegriffen worden, hieß es am Sonntag in Davos.
Aus Protest gegen die Globalisierung und die Irak-Politik der USA war es am Samstagabend zu einer spontanen Demonstration von rund 1000 militanten Globalisierungskritikern in der Schweizer Hauptstadt Bern gekommen. Dabei entstand hoher Sachschaden; ein Polizist wurde verletzt und mehrere Teilnehmer festgenommen. Zu der Demonstration war es gekommen, nachdem es am Samstagnachmittag zwischen 2000 und 4000 Globalisierungskritikern nicht gelungen war, zur Hauptkundgebung gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos durchzudringen. Dort hatten rund 2000 Menschen zum Teil in bunten Kostümen friedlich demonstriert. Die Polizei hatte den Tagungsort abgeriegelt.