Im Irak geraten nach Einschätzung der US-Zivilverwaltung immer mehr die Iraker selbst ins Visier der Aufständischen. "Früher herrschten Angriffe gegen die Koalitionstruppen vor, nunmehr kommt es regelmäßig zu terroristischen Angriffen gegen Iraker", sagte der Chef der Zivilverwaltung, Paul Bremer, in Bagdad.
Unterdessen beschossen Unbekannte am Abend wieder Ziele im Zentrum Bagdads. Korrespondenten in der Stadt hörten eine Serie lauter Explosionen. Eine Sprecherin des US-Militärs bestätigte, dass insgesamt drei Projektile beim Bagdader Busbahnhof, bei einer Polizeiwache und an einer unbekannten Stelle detoniert seien. Über eventuelle Opfer sei zunächst nichts bekannt geworden, sagte die Sprecherin. Der Vorfall werde noch untersucht.
Mehr Opfer unter den Irakern als unter ausländischen Soldaten
Nach Angaben von Bremer werden im Irak inzwischen mehr Iraker als ausländische Soldaten getötet. Der Zivilverwalter sieht dies als Hinweis darauf, dass die Aufständischen ihre Taktik geändert haben. In den vergangenen Wochen waren zahlreiche Kommunalpolitiker, Polizisten und Iraker, die mit den Besatzungsmächten kooperieren, getötet worden. Bremer erklärte, die US-Verwaltung halte weiter daran fest, mehr und mehr Iraker für die neuen irakischen Sicherheitsorgane auszubilden. Die Präsenz der US-Truppen im Irak werde aber auch nach der geplanten Übergabe der Souveränität an eine provisorische irakische Regierung Mitte nächsten Jahres nötig sein. "Wir gehen davon aus", sagte Bremer, "dass die provisorische Regierung Koalitionstruppen im Land wird haben wollen."
Reaktivierung ganzer Einheiten der irakischen Armee
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte in Washington, sein Ministerium diskutiere mit der US-Zivilverwaltung darüber, ob möglicherweise ganze Einheiten der aufgelösten irakischen Armee wieder einberufen werden könnten. Er schloss nach Angaben des US- Fernsehsenders CNN jedoch aus, dass höhere, Saddam Hussein nahe stehende Offiziere wieder aktiviert werden.
Rumsfeld zieht Erfolgsbilanz
Angesichts des bevorstehenden amerikanischen Feiertages "Thanksgiving Day", ein traditioneller Tag der Danksagung, zog Rumsfeld eine Erfolgsbilanz der US-Truppen und ihrer Verbündeten im Irak. So seien allein in der vergangenen Woche 12 000 Patrouillen und 230 Razzien durchgeführt und dabei rund 1200 "feindliche Kräfte" festgenommen worden.
Auch die Fortschritte beim Wiederaufbau seien beachtlich. So seien inzwischen alle 240 Krankenhäuser und 95 Prozent der 1200 kleineren medizinischen Betreuungsstätten im Irak wieder eröffnet worden. Die Stromerzeugung liege über der in der Vorkriegszeit, rund 400 Gerichte seien wieder im Einsatz und rund 170 Zeitungen würden herausgegeben. 5,1 Millionen Schüler säßen in Klassenzimmern und 51 Millionen neue Schulbücher seien verteilt worden.