Vor einem US-Militärgericht in Bagdad hat die Anhörung zu dem mutmaßlichen Massaker von US-Soldaten an einer irakischen Familie begonnen. Die Männer sind beschuldigt, im März in Mahmudija südlich von Bagdad ein 14-jähriges Mädchen vergewaltigt und das Opfer sowie seine Familie ermordet zu haben. Nach der bis zu viertägigen Anhörung soll darüber entschieden werden, ob sich die Beschuldigten vor einem Kriegsgericht verantworten müssen. Dieses könnte sie bei einem Schuldspruch zum Tode verurteilen.
Hauptangeklagter bestreitet die Tat
Zum Auftakt des Verfahrens wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit irakische Zeugen des Massakers befragt. Außerdem sollte die Militär-Staatsanwaltschaft ihre Mord- und Vergewaltigungsvorwürfe gegen die vier Angeklagten darlegen. Als Hauptverantwortlicher für die Tat gilt der 21-jährige Gefreite Steven Green, der inzwischen wegen einer Persönlichkeitsstörung aus der Armee entlassen wurde und im US-Staat Kentucky wegen der gleichen Anschuldigungen vor einem Bundesgericht steht.
Der Anklage zufolge erschoss Green beide Eltern und die sechs Jahre alte Schwester der 14-Jährigen, bevor er diese vergewaltigte und ebenfalls tötete. Anschließend versuchte er, die Leichen zu verbrennen und ihr Haus anzuzünden, um das Verbrechen zu vertuschen. Green bestreitet die Vorwürfe. Ein irakischer Militärarzt, der nach eigenen Aussagen nach dem Massaker der erste Mediziner vor Ort war, beschrieb vor Gericht sehr detailliert den Zustand der Leichen. Ihm sei es nach dem Einsatz selber sehr übel gewesen, sagte der Arzt: "Mir war danach zwei Wochen lang schlecht."
Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft vergewaltigte auch ein zweiter Soldat das Mädchen. Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf einen Gerichtsvermerk, mittlerweile gebe es Anzeichen dafür, dass sich mindestens drei Soldaten an dem Mädchen vergangen hätten. Ein fünfter Beschuldigter muss sich vor dem Militärgericht in Bagdad wegen Pflichtverletzungen und Falschaussage im Zusammenhang mit dem Fall verantworten.
Militär untersucht weitere Vorwürfe
Das Massaker hatte im Irak einen Sturm der Entrüstung ausgelöst und Ministerpräsident Nuri al-Maliki veranlasst, eine Aufhebung der Immunität der ausländischen Soldaten zu fordern. Der Fall reiht sich in mehrere Aufsehen erregende Tötungsfälle von US-Soldaten an Irakern ein. So untersucht das Militär derzeit auch Vorwürfe, Marineinfanteristen hätten im westlichen Haditha im November 24 unbewaffnete Einheimische getötet.