Nahost Palästinenser entführen offenbar zweiten Israeli

Eine palästinensische Extremistengruppe hat offenbar einen zweiten Israeli entführt, um so eine Eskalation der Gewalt im Nahen Osten herbei zu führen. Die Israelis stehen bereits waffenstarr an der Grenze zum Gazastreifen.

Die Situation im Nahen Osten droht zu eskalieren. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP haben militante Palästinenser offenbar einen zweiten Israeli entführt. Von Seiten der israelischen Polizei hieß es am Dienstag, sie nehme die Behauptung sehr ernst. Im Westjordanland werde seit Montagabend ein Siedler vermisst, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Ein Sprecher des palästinensischen Volkswiderstandskomitees (PRC) hatte zuvor in Gaza erklärt, die Gruppe habe nach einem israelischen Soldaten auch einen israelischen Zivilisten verschleppt.

PRC legt es offenbar auf Eskalation an

Offenbar legt es die Extremistengruppe PRC darauf an, eine Eskalation der Gewalt herbei zu führen. Die Situation steht derzeit Spitz auf Knopf. Die Israelis stehen mit Panzern an der Grenze zum Gazastreifen, wild entschlossen, den gefangenen Soldaten zu befreien. Die Palästinenser schütten Erdwälle auf, die die Angreifer behindern sollen. Auf beiden Seiten stehen die Regierenden unter Druck: Israels Regierungschef Ehud Olmert muss zeigen, dass er sich von der in der Palästinensischen Autonomiebehörde regierende Hamas nicht auf der Nase herumtanzen lässt, die Hamas muss einerseits zeigen, dass sie ihre Leute unter Kontrolle hat, andererseits darf sie gegenüber ihrer radikalen Klientel vor Israel nicht einknicken. Eine Eskalation, wie sie offenbar die Extremisten der PRC befürworten, würde eine Annäherung von israelischer Regierung und Hamas erheblich erschweren.

Das Volkswiderstandskomitee hatte sich zuvor gemeinsam mit anderen militanten Gruppen zur Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit bekannt, der am Sonntag bei einem Angriff auf einen israelischen Posten verschleppt wurde. Unter den Geiselnehmern waren nach eigenen Angaben auch Mitglieder der regierenden Hamas-Organisation. Israel droht mit einer Militäroffensive, falls Schalit nicht freigelassen wird.

Ein PRC-Sprecher sagte am Dienstag, der Soldat sei an einem "sicheren Ort", den "die Zionisten nicht erreichen können". Mehr wollte Mohammed Abdel Al aber nicht sagen. In einem Flugblatt forderte der militärische Flügel der Hamas die Freilassung aller weiblichen palästinensischen Gefangenen und derjenigen, die jünger als 18 Jahre sind, aus israelischer Haft. Israel will auf diese Forderungen nicht eingehen.

"Wir wollen kein Blutvergießen"

Ein Sprecher der Hamas-Regierung versuchte, Mitgefühl für den entführten Soldaten zu demonstrieren. "Ich bin ein Mensch, und ich fühle wie seine Mutter und sein Vater es tun, und ich weiß, wie es ist, ein Gefangener zu sein", sagte Ghasi Hamad in einem Interview des israelischen Militärrundfunks. Hamad hat fünf Jahre lang in Israel im Gefängnis gesessen. Dem Soldaten dürfe nichts geschehen, appellierte der Regierungssprecher an die Geiselnehmer. "Wir wollen keine Situation des Blutvergießens, hier oder dort", sagte Hamad.

AP
AP/GÜSS