Osthoffs Mutter "Bin völlig überrumpelt"

Ingrid Hala sitzt erschöpft auf dem dunklen Sofa in ihrem Wohnzimmer. Erst vor einer halben Stunde hat sie von der Freilassung ihrer Tochter Susanne Osthoff erfahren, die im Irak entführt worden war.

"Ich bin völlig erschlagen", sagt die 66-jährige. Eigentlich will sie gar keine Journalisten sprechen in diesem Moment, in dem die Angst um das Leben ihrer Tochter allmählich von ihr abfällt. Aber dann lässt sie doch einige Reporter in ihre Wohnung über der Sparkasse im Örtchen Rott am Inn, das rund eine Stunde östlich von München liegt. Und dann isst sie erst einmal eine Suppe. "Für den Zucker", sagt sie.

Tagsüber war sie mit ihrem Mann Günther bei dessen Kindern, deshalb erreichte sie die Nachricht aus dem Irak verspätet. Eine Reporterin sei es gewesen, die sie am Telefon darüber informiert habe. "Ich hab’s zunächst gar nicht für ganz bare Münze genommen", sagt die grauhaarige Frau. Dann habe auch das Bundeskriminalamt (BKA) angerufen und die Freilassung bestätigt. Völlig überrollt sei sie jetzt, sagt sie. Immer wieder fasst sie sich an die Stirn und die Schläfen, während ihr Mann durch die Fernsehkanäle zappt, um die jüngsten Informationen einzuholen. Denn vom BKA haben sie keine Einzelheiten erfahren.

Sekt für die anderen

Ihre Gefühle lässt die Rentnerin kaum heraus, es dauert, bis sie ihre Erleichterung in Worte fassen kann. "Man packt’s gar nicht, dass es so was positives gibt", meint sie, während sich die Fotografen um sie drängeln. Und dann geht sie in die Küche und macht eine Flasche Sekt auf, gießt drei Gläser voll. Die Gläser bietet sie erst einmal den Reportern an, statt selbst anzustoßen.

Natürlich habe sie oft gedacht, dass die Entführung ihrer Tochter schlimm ausgehen könnte. "Aber das darf man ja nicht an sich heranlassen", sagt sie. Die Hoffnung, dass Susanne unversehrt freikommen könne, habe sie nie aufgegeben. Und insgeheim habe sie gehofft, dass sich nach der Wahl im Irak am Donnerstag etwas tun würde.

Susanne seit Jahren nicht gesehen

Ihre Tochter hat sie schon seit fünf Jahren nicht mehr gesehen, sie kann auch nicht ihre zwölf Jahre alte Enkelin treffen - die Familienverhältnisse sind schwierig. Dass Susanne einen anderen Weg gegangen sei, habe sie aber inzwischen akzeptiert. "Keiner von uns hatte richtigen Kontakt mehr zu ihr. Sie hat sich von allem ausgeklinkt", sagt die Mutter. Wahrscheinlich sei es ihre Tochter einfach leid gewesen, sich ständig Mahnungen anhören zu müssen. Hauptsache für sie sei aber, dass es ihrer Tochter gut gehe. "Mir ist wichtig, dass sie glücklich ist. Und wenn sie da ihr Glück findet, ist es für mich auch in Ordnung." Vor der Entführung lebte und arbeitete Susanne Osthoff jahrlelang im Irak.

Nun hofft Ingrid Hala auf ein glückliches Wiedersehen. Auf jeden Fall werde sie ihre Tochter einladen. "Wir müssen halt mal sehen, ob sie das will. Wenn sie es wünscht gerne, von Herzen gerne", sagt sie. Besonders glücklich sei sie aber für ihre Enkeltochter, die vor wenigen Tagen Geburtstag hatte. "Für die freue ich mich noch mehr als für mich selber."

Reuters
Michael Able/Reuters