USA rufen zu Durchhalte-Diplomatie auf - Bush findet erst spät Worte
Als die israelischen Panzer zum Amtssitz Jassir Arafats rollten, verschlug es US-Präsident George W. Bush die Sprache. Erst einen Tag später nahm er öffentlich dazu Stellung - und auch das nur nach massiver Kritik der Medien. Dann entschied er sich eindeutig dafür, den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon zu unterstützen und den belagerten Palästinenserführer aufzufordern, gegen den Terror der Selbstmordattentate vorzugehen.
Das sei auch kein Wunder, kommentierte die Presse am Montag. Denn hätte Bush Arafat in Schutz genommen, wäre sein eigener Krieg gegen den Terrorismus unglaubwürdig geworden. In dieser ungemütlichen politischen Situation habe der Republikaner kaum eine andere Wahl gehabt, als Druck auf Israel auszuüben und einen Kurs fortzusetzen, den er Mitte März vorsichtig eingeleitet hatte.
Damals hatte er israelische Militäraktionen im Westjordanland »nicht hilfreich« genannt. Um die arabischen Staaten nicht ganz zu verprellen, erinnerte der Präsident Scharon zaghaft daran, den Weg zu einem Frieden nicht zu verschütten.
Öffentliche Reaktion spiegelt Widerstreit zwischen Terrorbekämpfung und Nahost-Friedensdiplomatie
Die öffentliche Reaktion war ein Indiz für den Widerstreit zwischen Terrorbekämpfung und Nahost-Friedensdiplomatie in der US- Regierung. Zunächst hatte Bush Außenminister Colin Powell vorgeschickt. Der Minister verlas eine Erklärung, die im Nationalen Sicherheitsrat formuliert worden war. Sie war etwas ausgewogener als Bushs spätere Stellungnahme.
Powell erteilte darin auch den »Falken« eine Absage, die Arafat aus den Friedensbemühungen ausschalten wollen. Der Palästinenserführer spiele weiter eine »zentrale Rolle«. Im Weltsicherheitsrat stimmten die USA nach anfänglicher Ablehnung einer Abzugsforderung an Israel zu - etwas, was Bush überging.
In ihrer Zwangslage haben die USA politisch für den Nahen Osten vorerst nur Durchhalteparolen parat. Von einer neuen Initiative ist nicht die Rede. Die Bemühungen ihres Sonderbotschafters Anthony Zinni um einen Waffenstillstand mit folgenden Verhandlungen blieben der beste Weg, unterstrichen Bush und Powell.
Die Israelis hatten im Prinzip den Vorschlägen Zinnis zugestimmt, eine ähnliche Verpflichtung durch die Palästinenser stand kurz bevor. Erstmals hatte auch die Arabische Liga in Beirut den Israelis eine umfassende Friedensregelung angeboten - sicherlich keine »perfekte Lösung« nach US-Ansicht, aber doch eine ernst zu nehmende Verhandlungsgrundlage.
Viele fragen sich, wie lange Bush dem Schlagabtausch noch zuschauen wird?
Eine eigene Vermittlungsreise in den Nahen Osten, den er bisher zwei Mal erfolglos aufgesucht hat, schloss Powell aus. Das komme nur in Frage, »wenn es dafür einen Grund gibt und es einem Zweck dient«, betonte er. Schließlich habe Vizepräsident Cheney bereits mit jedermann in der Gegend gesprochen - mit Ausnahme Arafats, der die Bedingungen für eine Unterredung nicht erfülle.
Mehr und mehr Fachleute fragen sich inzwischen, wie lange Präsident Bush aus sicherer Distanz dem Schlagabtausch zwischen Israelis und Palästinensern noch zuschauen kann. Zu ihnen gehört auch Ex-Senator George Mitchell, der den jetzigen Nahost-Plan ausgearbeitet hat. Ohne zupackendes Eingreifen der USA gebe es im Nahen Osten keine Chance auf Frieden.
Lawrence Korb vom Council on Foreign Relations forderte die Entsendung amerikanischer Soldaten in eine »Pufferzone« zwischen Israelis und Palästinensern, ob es Scharon nun wolle oder nicht. »Es gibt nichts, was wir nicht erwägen«, sagte Powell zu solchen und ähnlichen Erklärungen, »aber ich kann derzeit nichts bekannt geben.«
Von Herbert Winkler, dpa