Einen Tag nach der Parlamentswahl in den Niederlanden haben die beiden stärksten Parteien Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Auf Grund des knappen Wahlausgangs wird eine schwierige und langwierige Regierungsbildung erwartet. Stärkste Kraft wurde erneut der Christlich-Demokratische Appell (CDA) von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende, der sich mit 44 Sitzen knapp vor der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA) mit 42 Sitzen behaupten konnte.
Große Koalition gilt als wahrscheinlich
Da es beiden Parteien an Bündnispartnern für eine mehrheitsfähige Regierung mangelt, gilt eine große Koalition als wahrscheinlich. Königin Beatrix, die die Regierungsbildung überwacht, wollte im Laufe des Donnerstags zu einer ersten Gesprächsrunde mit ihren Beratern zusammentreffen. Voraussichtlich am Freitag wurde ein Treffen der Parteichefs erwartet.
Schwere Verluste für Liste Pim Fortuyn
An den rechten Rand verwiesen die Wähler am Mittwoch die Liste Pim Fortuyn (LPF), die im vergangenen Jahr auf Anhieb ins Parlament eingezogen war und 26 Sitze erhalten hatte. Die CDA und die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) hatten die LPF daraufhin in eine Regierungskoalition aufgenommen. Jetzt verfügt die Partei des kurz vor der Abstimmung 2002 erschossenen Politikers Pim Fortuyn nur noch über acht Mandate.
Mit der LPF will Balkenende keine Koalition mehr eingehen. Er macht interne Streitigkeiten in der LPF dafür verantwortlich, dass seine Regierung im vergangenen Jahr nach 87 Tagen scheiterte. Die Kluft zwischen CDA und PvdA ist allerdings groß. "Bei Finanzen, Sozialem, Erziehung und Gesundheit gibt es große Unterschiede zwischen uns", sagte Balkenende.
Auch Sozialdemokraten zeigen sich zufrieden
Der Vorsitzende der PvdA, Wouter Bos, zeigte sich mit dem Abschneiden seiner Partei sehr zufrieden. Es gebe keine Alternative zu einer großen Koalition, sagte Bos. Er rief Balkenende auf, keine Zeit zu verlieren. "Die Wähler haben eine klare Aussage gemacht: Die einzige stabile Zwei-Parteien-Regierung ist die aus Christdemokraten und PvdA", sagte Bos am Abend. Er sprach auch ein Thema an, das im Wahlkampf keine Rolle gespielt hatte: den möglicherweise bevorstehenden Irak-Krieg. Er werde alles tun, um einen Krieg zu verhindern, sagte Bos. Balkenendes bisherige Regierung hatte den USA für den Fall eines Kriegs logistische Unterstützung zugesagt.
Den vorläufigen Ergebnissen zufolge kommt die VVD jetzt auf 28 Sitze, das sind vier mehr als im vergangenen Jahr. Bei den kleineren Parteien entfielen auf die Sozialisten neun Sitze, auf die Liste Grün-Links acht Mandate, die zentristische D66 kommt auf sechs Sitze. Die Christliche Union bekommt drei Sitze, einen weniger als vor einem Jahr. Die Politisch-Reformierte Partei (SGP) bleibt bei zwei Mandaten.