Petersburg-Gipfel Grenzenloses Europa

Die Europäische Union und Russland haben sich auf ihrem Gipfeltreffen am Rande der 300-Jahr-Feier von St. Petersburg darauf geeinigt, das Ende der Visapflicht zu prüfen.

Die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland soll insgesamt im Bereich des Inneren und der Justiz verbessert werden, stellten beide Seiten in ihrem Schlusskommunique weiter fest. Zudem planten die EU und Russland die Einrichtung eines ständigen Partnerschaftsrat, um die gemeinsamen Beziehungen aufzuwerten. Im seit Jahren schwelenden Tschetschenienkonflikt hoffen die Staats- und Regierungschefs der EU und Russlands auf eine baldige Beilegung.

Erweiterung soll Russlands Beziehungen zu Europa stärken

Neben den 15 EU-Staaten nahmen auch die zehn neuen Beitrittsländer an dem Gipfeltreffen bei. Die meisten dieser Länder zählten früher zum Ostblock oder gehörten sogar als Republiken zur Sowjetunion. "Die Erweiterung soll Russlands Beziehungen zu Europa stärken, nicht schwächen", sagte der russische Präsident Wladimir Putin. Bundeskanzler Gerhard Schröder begrüßte die Aussicht auf mehr Reisefreizügigkeit zwischen der EU und Russland: "Es schafft eine Perspektive - noch nicht mehr, aber immerhin eine Perspektive - für visafreien Reiseverkehr", sagte Schröder in St. Petersburg vor Journalisten.

Lage in Tschetschenien

Thema des Abschlusskommuniques war auch die Lage in Tschetschenien. Die EU und Russland hofften auf eine echte Aussöhnung und die "Wiederherstellung der Herrschaft des Rechts und damit zum Schutz der Menschenrechte", hieß es. Der vor kurzem eingeleitete politische Prozess und die bisher eingeleiteten wirtschaftliche und soziale Umstrukturierung gäben Hoffnung auf eine Lösung des Konfliktes. "Wir waren uns darin einig, dass internationale Organisationen in enger Zusammenarbeit mit den russischen Behörden einen erheblichen Beitrag leisten können."

Seit Jahren kämpfen in Tschetschenien moslemische Rebellen gegen die russische Zentralregierung, die der Kaukasus-Republik allenfalls die Autonomie geben will. Bei einem Referendum im März hatte sich die Mehrheit der Bevölkerung für Verfassungsänderungen ausgesprochen, die das abtrünnige Tschetschenien enger an Russland anbinden sollen. Auf das Referendum sollen noch Wahlen für den Präsidenten und eine Volksvertretung folgen. Immer wieder kommt es aber zu Anschlägen von Rebellen. Erst am Freitag starben drei Menschen bei einem Anschlag auf einen Bus nahe einem Militärstützpunkt bei Grosny. Am Samstag gerieten russische Soldaten nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in einen Hinterhalt der Separatisten, wobei zwei Soldaten starben.

Klimaschutzprotokoll von Kyoto

Ebenfalls im Schlusskommunique aufgenommen wurde das Klimaschutzprotokoll von Kyoto, das von Russland bislang nicht ratifiziert wurde. Schröder erklärte dazu: "Mein Eindruck ist, dass die Aufnahme dieses Bereichs in das Papier auch zeigt, dass die russische Seite ernsthaft gewillt ist, für die Ratifizierung zu sorgen." Im Kyoto-Protokoll von 1997 wurde vereinbart, dass die Industrieländer den Ausstoß so genannter Treibhaus-Gase um 5,2 Prozent unter den Stand von 1990 reduzieren. 90 Länder haben das Protokoll bereits ratifiziert. Damit es in Kraft treten kann, muss es von Ländern ratifiziert werden, die für mindestens 55 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich sind. Mit der von Russland in Aussicht gestellten Ratifizierung würde dies gesichert.

Die EU und Russland zeigten zudem großes Interesse an der Abschaffung von Schiffen mit nur einer Tanker-Hülle. Dies soll künftig geprüft werden. Experten machen das Fehlen einer zweiten Hülle für die verheerende Umweltfolgen von Tankerunglücken verantwortlich.

An der 300-Jahr-Feier in St. Petersburg nehmen rund 40 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt teil. Viele reisen anschließend zum Gipfel der führenden sieben Industrieländer und Russlands (G8) ins französische Evian.