PRESSESCHAU 15.03.: Turbulenzen an den Börsen

Im Fokus der europäischen Pressekommentare stehen die Turbulenzen an den internationalen Börsen, die Lage der afghanischen Taliban sowie die Balkanpolitik des Westens.

»La Stampa«: Ende der Euphorie

Zu den anhaltenden Turbulenzen an den internationalen Börsen meint die italienische Zeitung »La Stampa« (Turin) am Donnerstag: »Wenn ein Phänomen solche Dimensionen annimmt, dann reichen wirtschaftliche Erklärungen nicht mehr aus: Es ändert sich etwas Grundlegendes, vor allem in Amerika und Japan, bei der Bewertung von Aktien, Unternehmen, Märkten. Wir stehen nicht am Beginn einer Panik, und wir werden dort dank der Aktionen der Zentralbanken vermutlich nie ankommen, aber gewiss haben wir das Ende der Euphorie erreicht. An den Börsen wird es wieder aufwärts gehen, auch wenn eine Prognose über den Zeitpunkt gegenwärtig gewagt ist, aber sie werden nicht mehr dieselben sein. Zumindest für diese Generation ist die freudige, sehr naive und weit verbreitete Überzeugung geschwunden, dass die Märkte alle Arten von Finanzproblemen lösen und grundsätzlich allen alles geben können.«

»La Tribune«: Hoffen auf fette Börsen-Kühe

Zur Börsen-Talfahrt meint die französische Wirtschaftszeitung »La Tribune« (Paris) am Donnerstag: »Weil sie es in allen Tonarten hören, lassen sich viele schließlich davon überzeugen, dass eine ordentliche zusätzliche Zinssenkung die süße und noch nicht so weit zurückliegende Zeit der fetten Börsen-Kühe zurückbringen würde. Warum sollten sie das anders sehen, haben sie in den letzten Jahren doch nur die Hausse erlebt? Und darin liegt dann also zweifellos eine der gefährlichsten Besonderheiten der derzeitigen Börsenmärkte, und das vor allem in den USA: Diejenigen, die Tag für Tag Kurse in die Höhe bringen oder auch wieder runter, sind jung, manchmal sehr jung. Auf jeden Fall sind sie zu jung, um zu wissen, was eine wirkliche Börsen-Baisse bedeutet.«

»Der Standard«: Mit dem Rücken zur Wand

Die liberale österreichische Zeitung »Der Standard« am Donnerstag schreibt in ihrem Kommentar zur Lage der Taliban in Afghanistan: »Die Taliban stehen mit dem Rücken zur Wand. Afghanistan ist von einer Kältewelle heimgesucht worden. Die Bevölkerung leidet unter Armut und Hunger, ohne dass die Taliban fähig sind, etwas dagegen zu unternehmen. Die Menschen begehren langsam auf, der Druck auf das Regime nimmt zu... Wenn man die eigenen Kräfte mobilisieren und gleichzeitig ins Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit rücken will, was gibt es da Besseres als die Zerstörung von weltweit in jeder Hinsicht überragenden Kunstwerken? Die Studentenkrieger haben nichts mehr zu verlieren. Hinter dem kulturellen Amoklauf stehen nicht nur Trotz und Verblendung, sondern auch ein Akt der Selbstzerstörung. Selbstbeschädigung als Hilferuf.«

»Tages-Anzeiger«: Beelzebub soll Teufel austreiben

Der Züricher »Tages-Anzeiger« schreibt am Donnerstag zur Balkanpolitik des Westens: »Voller Stolz setzte er sich in einem weißen Militärfahrzeug an die Spitze seiner Soldaten. Der Generalstabschef der jugoslawischen Armee, Nebojsa Pavkovic, wollte sich den Termin im Morgengrauen nicht entgehen lassen: die Rückkehr vermummter serbischer Kämpfer in die Pufferzone zwischen Serbien und Kosovo, die fast ausschließlich von Albanern bewohnt wird. Es ist der gleiche Pavkovic, der schon unter dem angeklagten Kriegsverbrecher Slobodan Milosevic als oberster Militär diente. Unter seinem Kommando leitete Pavkovic den Feldzug gegen die Kosovo-Albaner. Eine höchst dubiose Figur, die sich die NATO hier als neuen Partner für den Frieden auserkoren hat. Mit dem Beelzebub soll jetzt der Teufel ausgetrieben werden, die albanische Guerilla, die sich in der Nato-Pufferzone festgesetzt hat. Die westliche Militärallianz organisierte einen Frieden auf tönernen Füssen. Der NATO allein ist das nicht vorzuwerfen - sie badet nicht zum ersten Mal die Folgen einer konzeptlosen westlichen Balkanpolitik aus. Auf die Frage, die den ethnischen Kriegen im ehemaligen Jugoslawien so sicher folgen musste wie das Amen in der Kirche, hat der Westen keine Antwort. Es ist die Frage nach der Zukunft der Albaner.«