Reaktionen "Ein großer Tag für den Irak"

Applaus und Freudenschreie unterbrachen US-Zivilverwalter Paul Bremer, als er im Bagdader Konferenzzentrum vor der Presse lapidar erklärte: "Wir haben ihn!" Ähnliche Emotionen waren auch in den schiitischen Vierteln der Hauptstadt zu beobachten.

Als US-Zivilverwalter Paul Bremer am Sonntagnachmittag im Bagdader Konferenzzentrum vor die Mikrofone trat, sagte er kurz und lapidar: "Meine Damen und Herren, wir haben ihn!". Jeder im Saal wusste, wer damit gemeint war: der untergetauchte und seit acht Monaten intensiv gesuchte Ex-Diktator Saddam Hussein. Applaus und Freudenschreie der irakischen Journalisten unterbrachen Bremer. Fatah el Shik, Chefredakteur der Wochenzeitung "Ascharat el Sadr", stand auf und brüllte: "Das ist ein großer Tag für den Irak. Das ist meine persönliche Genugtuung." Als er sich setzte, überkam ihn ein Weinkrampf.

El Shik hatte zwei Jahre in Saddams Gefängnissen gelitten, wo er auch gefoltert wurde. Sein "Verbrechen": er hatte Ende der 90er Jahre illegal eine Zeitung herausgegeben. Als Bremer erklärte: "Der Tyrann ist nun ein Gefangener", stieß er nur hervor: "Saddam muss ans irakische Volk ausgeliefert werden." Auch den im Saal anwesenden US- Soldaten und Bediensteten der Zivilverwaltung war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. "Er war das Ziel mit dem höchsten Wert, seine Gefangennahme ist ein Durchbruch", meinte ein GI, der die Tage zählt, bis er im März wieder nach Hause darf.

Multimedia-Show mit Video-Einspielungen

US-Oberkommandeur Ricardo Sanchez gab in einer Multimedia-Show mit Video-Einspielungen, Fotos und Landkarten tiefe Einblicke in die Umstände der Gefangennahme. Einige längere Einstellungen zeigten Saddam bei der ersten medizinischen Untersuchung. In den acht Monaten der Flucht war ihm ein langer Vollbart gewachsen. Das Video zeigte, wie ein Arzt dem einst gefürchteten Tyrannen in den Mund guckte. "Müde und resignativ" habe er gewirkt, sagte Sanchez.

Gefunden hatten ihn die US-Soldaten in einem betonierten Erdloch, am Rand eines Dorfes bei seiner Heimatstadt Tikrit. Das Versteck war gerade groß genug für einen Mann. Als einziger "Komfort" war ein alter Ventilator zu erkennen, der dem Loch vielleicht etwas an Muffigkeit nahm. Seit wann Saddam sich dort versteckt hielt, blieb vorerst unbekannt. Sanchez ließ auch die Details offen, wie genau seine Spezialisten auf seine Spur kamen.

Entdeckt wurden in dem Loch auch zwei Kalaschnikows, eine Pistole und 750.000 Dollar in bar. Außerdem wurde ein altes Taxi sichergestellt. Damit schienen sich Gerüchte zu bestätigen, die schon seit langem in Bagdad kursierten: Saddam habe sich einen Bart wachsen lassen und fahre unerkannt mit einem alten Taxi herum.

"Saddam ist für immer fort"

Ähnliche Emotionen wie im Konferenzsaal waren vor allem in den schiitischen Vierteln Bagdads zu beobachten. Über den Lautsprecher der Dimimi-Moschee verkündete der Imam, so dass es alle im Geschäftsviertel Karrade hören konnten: "An alle Baathisten und an alle, die noch an Saddam glauben: Saddam ist für immer fort. Er ist gefangen." Auf der Straße fanden sich hier immer wieder junge Männer zusammen, die aus Freude in die Luft schossen.

"Wir sind alle glücklich. Das ist der erste Freudentag für alle, die wegen Saddam ihre Liebsten verloren haben", sagte der Kebab- Griller Reda Heni. Vor allem nach den Schiiten-Aufständen von 1991 hatten viele Angehörige dieser Glaubensrichtung, die im Irak eine 60- Prozent-Mehrheit bilden, unter Saddams brutaler Unterdrückung zu leiden. Zehntausende von ihnen wurden erschossen und in anonymen Massengräbern verscharrt. "Es ist, als wenn die Sonne durch eine schwarze Wolkendecke bricht", formulierte es der Friseur Ali Schekr.

DPA
Gregor Mayer