Regionalwahlen in Frankreich Schuss vor den Bug für Sarko

Bei den Regionalwahlen in Frankreich hat die Partei von Präsident Nicolas Sarkozy schwere Verluste einstecken müssen.

Es war die erwartete Ohrfeige für Nicolas Sarkozy: Das konservative Lager des französischen Präsidenten verlor in 21 von 22 Regionen auf dem Festland und stürzte landesweit auf nur noch 35 Prozent ab.

Die linke Opposition triumphierte mit 54 Prozent der Stimmen, ihrem besten Ergebnis seit Jahrzehnten. Doch zwei Jahre vor der Präsidentenwahl sollten die Resultate vom Sonntag nicht überbewertet werden, mahnt Henrik Uterwedde vom Deutsch-Französischen Institut (DFI). "Für Sarkozy war es ein Schuss vor den Bug. Aber schon 2004 hatte die Linke 20 von 22 Regionen erobert, nur um drei Jahre später bei der Präsidentschaftswahl ein Debakel zu erleben", analysiert der stellvertretende DFI-Direktor.

Die Regionalwahl war eine Etappe, aber die Linke hat das Schwerste noch vor sich

Die von den Sozialisten angeführte Linke habe bei Zwischenwahlen auf Ebene der Regionen und Kommunen zuletzt immer gut abgeschnitten. Doch warte sie nun schon seit 13 Jahren auf einen Sieg auf nationaler Ebene. "Die Regionalwahl war eine Etappe, aber die Linke hat das Schwerste noch vor sich." Denn die Opposition werde noch nicht als glaubwürdige Alternative zu Sarkozys UMP wahrgenommen.

Die Abstimmung am Sonntag sei eine Protestwahl gegen den Präsidenten gewesen und kein Plebiszit für die Linke. Doch habe die Regionalwahl immerhin gezeigt, dass Sozialisten, Grüne und Linke sich zusammenraufen könnten.

Als große Gewinnerin gilt die Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Martine Aubry, die die Schlappe von der Europawahl 2009 auswetzte und sich als Kandidatin für die Präsidentenwahl 2012 in Szene setzte - der Konflikt mit ihrer erbitterten Rivalin Ségolène Royal und eine Zerreißprobe für die Partei ist vorprogrammiert. Die Grünen etablierten sich mit dem von Daniel Cohn-Bendit angestoßenen Wahlbündnis Europe Ecologie als zweitstärkste Kraft im linken Lager.

Er hat noch zwei Jahre Zeit, auf die Unzufriedenheit der Franzosen zu reagieren

Für den in den Meinungsumfragen abgestürzte Sarkozy habe die Niederlage nicht den gleichen Stellenwert wie ein Verlust von Nordrhein-Westfalen für Angela Merkel in Deutschland hätte, unterstreicht Uterwedde. Denn die Regionalwahl hat keinen direkten Einfluss auf die Regierung, der Präsident kann mit satten Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments weiterregieren. "Er hat noch zwei Jahre Zeit, auf die Unzufriedenheit der Franzosen zu reagieren", sagt der DFI-Experte.

Vor kurzem kündigte Sarkozy bereits eine Reformpause für das nächste Jahr an. "Der Lackmustest wird sein, ob er noch die Kraft hat, die in Frankreich hochsensible und symbolbeladene Rentenreform anzupacken", sagt Uterwedde. "Der Lack ist ab, sein Stil hat sich erschöpft."

Sarkozy verkalkulierte sich schwer, als er in den letzten Monaten im ganzen Land über die nationale Identität der Franzosen diskutieren ließ. Damit wollte er wie 2007 der rechtsextremistischen Nationalen Front die Wähler abspenstig machen - doch der Schuss ging nach hinten los. "Die Franzosen haben das politische Manöver durchschaut und reagierten verärgert, dass die Regierung eine so wichtige Debatte instrumentalisiert hat", erklärt der stellvertretende DFI-Direktor.

Rechtsextremisten wieder da

Der FN von Jean-Marie Le Pen erzielte landesweit prompt wieder neun Prozent der Stimmen, wobei er nicht einmal überall antrat. Der inzwischen 81 Jahre alte Parteichef und seine Tochter Marine schafften in ihren Regionen gar den Sprung über die 20 Prozent.

Das Ergebnis der Rechtsextremisten ist dabei eher eine Rückkehr zur Normalität - sie verfügen inzwischen über einen Sockel von mehr als zehn Prozent der Stimmen.

Dass Sarkozy es 2007 mit einem knallharten Law-and-order-Wahlkampf geschafft habe, den FN klein zu halten, sei eine Ausnahme und nicht der Beginn eines dauerhaften Abstiegs von Le Pen gewesen, erklärt Uterwedde. Die "eloquente und telegene Marine Le Pen" stehe bereit, das Erbe ihres Vaters anzutreten. Das dürfte Sarkozy weitere Kopfschmerzen bereiten, denn traditionell wildert die Nationale Front im Wählerreservoir der bürgerlichen Rechten.

APN
Uwe Gepp, APN