Sex-Industrie Angelockt, ausgeliefert und ausgebeutet

Das Versprechen, sie könnte schnell reich werden und sich ein besseres Leben verschaffen, erwies sich als Lüge. Stattdessen geriet Monica in die Fänge von Menschenhändlern. Fälle wie diesen gibt es rund 150.000 - in Japan.

Monica war 19, als sie sich aus ihrer Heimat Kolumbien nach Japan locken ließ. Ja, sie wusste, dass sie als Prostituierte arbeiten sollte - aber die Bedingungen hatte sie sich anders vorgestellt. Als sie in Tokio eintraf, musste sie erst einmal fünf Millionen Yen (umgerechnet 36.000 Euro) Schulden für die Vermittlung abzahlen. Das Versprechen, sie könnte in Japan schnell reich werden und ihrer kleinen Tochter in Kolumbien ein besseres Leben verschaffen, erwies sich als Lüge. Im Falle eines Fluchtversuchs werde man sich an ihrer Familie rächen, wurde ihr gedroht.

Fälle wie Monica gibt es in Japan rund 150.000. Im Laufe der vergangenen 20 Jahre wurden nach Schätzungen von Hilfsorganisationen sogar eine Million Ausländerinnen mit falschen Versprechungen ins Land gelockt. Im Zentrum der jetzt erwachten Debatte über die seit langem bekannten Missstände steht wie in Deutschland der Missbrauch von Visa.

Arbeitsvisa mit verschärften Auflagen

Erst in dieser Woche verschärfte Tokio die Auflagen für die Ausstellung von Arbeitsvisa in der Unterhaltungsbranche. Diese ursprünglich für Musiker, Tänzer und andere Künstler bestimmten Visa wurden von der Sex-Industrie offenbar massiv missbraucht. Allein an philippinische Frauen wurden in den vergangenen Jahren jeweils rund 80.000 derartiger Visa ausgegeben.

Zum Thema wurde dies allerdings erst im vergangenen Jahr, als Japan erstmals in einem US-Regierungsbericht über Menschenhandel auftauchte. Auch im aktuellen Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums wird das Problem erwähnt. Nach der Verschärfung der Einreisebedingungen will die Regierung noch in diesem Frühjahr Menschenhandel zur Straftat erklären - bislang taucht das Delikt im japanischen Strafgesetzbuch nicht auf. Opfer von Menschenhandel sollen zur Aussage ermutigt werden, indem ihnen ein begrenztes Aufenthaltsrecht in Aussicht gestellt wird.

Frauen wie Monica allerdings wird das geplante Gesetz nichts nützen. Denn wer eingewilligt hat, zwecks Arbeit in einem Bordell nach Japan einzureisen, wird als Opfer nicht anerkannt. Dass die Frauen nach ihrer Ankunft ihrem Arbeitgeber in der Regel vollkommen ausgeliefert sind und gnadenlos ausgebeutet werden, interessiert nicht. Monica berichtet von sklavenähnlichen Bedingungen: Freie Tage gibt es nicht, und wird eine Prostituierte krank, so muss sie für die dem Zuhälter entgangenen Einnahmen nacharbeiten.

"Es ist leichter, sie abzuschieben"

Die Regierung habe offenbar nicht vor, diesen Frauen zu helfen, kritisiert Yoko Yoshida vom Japanischen Netzwerk gegen Menschenschmuggel. Was sie bräuchten, seien ärztliche Hilfe, eine Rechtsberatung und ein Ausbildungsangebot. Und die amerikanische Wissenschaftlerin Kinsey Alden Dinan kritisiert, die japanische Regierung mache es sich leicht: "Es ist leichter, sie abzuschieben, als sich mit dem Problem zu befassen."

AP
Natalie Obiko Pearson/AP