Die 22-jährige deutsche Studentin Julia Bohl ist am Freitagmorgen wieder zu einer Anhörung vor dem Richter erschienen. Dabei erreichte die Verteidigung für ihre Mandantin zwar, dass die schwerwiegenden fünf Anklagen der Drogenhandelsabsicht fallengelassen wurden, jedoch ist ein Anklagepunkt der »Duldung von Drogenhandel« hinzugekommen. Falls sie alleine in diesem Punkt schuldig gesprochen wird, könnte sie bis zu zehn Jahre Haft, rund 2.400 Euro Geldbuße oder zu beidem verurteilt werden.
»Das sind natürlich nur theoretische Größen. Julia ist nicht vorbestraft«, so ihr Anwalt Anandan gegenüber der Presse. Die Mindeststrafe liegt bei 2 Jahren Freiheitsentzug. Ferner will die Deutsche sich auf den Konsum von Ketamin (einer synthetischen Droge) schuldig bekennen. »Ich rechne mit einer Haftstrafe von insgesamt vier bis fünf Jahren. Ich bin sehr zufrieden«, fügte der Rechtsanwalt hinzu.
An dieser Zufriedenheit darf allerdings gezweifelt werden, da Anandan eigentlich 13 Anklagepunkte angefochten hatte, und am 3. Mai gegenüber stern.de die Hoffnung äußerte, dass Julia nur wegen Konsums einer illegalen Substanz zu einer Geld- und der bereits verbüßten Haftstrafe verurteilt werde. Kenner Singapurs meinen, dass es auch um die Glaubwürdigkeit des strengen Stadtstaates gehe, der in Sachen Drogen überhaupt keinen Spaß versteht. Ferner sieht es so aus, als ob die Staatsanwaltschaft ein mildes Präzedenzurteil verhindern möchte.
Der ursprüngliche Versuch die gesamte Schuld auf Ben, den flüchtigen Freund der Angeklagten, zu schieben, scheint indes nicht aufgegangen zu sein. »Das ging deshalb nicht, weil alle Beschuldigten leider Aussagen bei den Verhaftungen gemacht hatten, die diese Theorie nicht unterstützten. Sie waren eben zu ehrlich«, antwortete Anandan auf die Frage, warum er denn nun Abstand von dieser Strategie nehme. Hinzu kommt sicherlich auch die Furcht vor der Möglichkeit, dass der flüchtige Mann, ein Undercover Agent der örtlichen Drogenfahndung CNB sein könnte. Lokale und deutsche Medien spekulieren schon länger über diesen Sachverhalt, weil es so unwahrscheinlich erscheint, dass inmitten »fünf Wochen permanenter Observierung« (so die Polizei Akte) jemand unbehelligt das Land verlassen könne.
Julia Bohl und drei weitere Angeklagte sind seit dem 13. März in Singapur wegen diverser Drogenvergehen in Haft. Die fernostasiatische Insel gilt als einer der strengsten Staaten weltweit in Sachen Drogen. Ursprünglich hatte der jungen Frau sogar die Todesstrafe gedroht, bis ein chemischer Test bewies, dass sie netto weniger als 500 Gramm an Cannabis besaß. Ab dieser Menge ist die Todesstrafe in Singapur zwingend vorgeschrieben.
Homayoun Dara, Singapur