Kurz vor dem Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Saudi-Arabien haben Attentäter vier Anschläge in der Hauptstadt Riad verübt. Ziel waren drei von westlichen Ausländern und Einheimischen bewohnte Wohnanlagen. Als Drahtzieher wird das Terrornetzwerk El Kaida vermutet. Nach Angaben des US-Vizepräsidenten Dick Cheney wurden bei den Anschlägen mindestens 91 Menschen getötet, neben US-Bürgern auch saudi-arabische Staatsbürger, Jordanier, Philippinos, Libanesen und Schweizer. 194 Menschen seien verletzt worden. Angeblich wurden auch die verkohlten Leichen von neun mutmaßlichen Attentätern gefunden.
Sprengsätze in Appartementanlagen
Nach Angaben des arabischen Senders El Dschasira explodierten in der Nacht zum Dienstag insgesamt vier Sprengsätze: Drei seien gegen 23.30 Uhr zeitgleich in vorwiegend von westlichen Ausländern bewohnten Appartementanlagen detoniert. Wenige Stunden später kam es vor dem Gebäude der amerikanisch-saudischen Firma Siyanco zu einer vierten Explosion. Die Firma berät die Nationalgarde von Kronprinz Abdullah Ibn Abdelasis. Wie CNN unter Berufung auf saudische Sicherheitskreise berichtete, hätten sich die Attentäter den Weg in die bewachten Anlagen freigeschossen und danach ihre mit Sprengstoff beladenen Lastwagen an den Wohnhäusern zur Explosion gebracht.
Feuer nach der Explosion
Wie auf Fernsehbildern zu sehen war, brach nach den Anschlägen in den Wohnanlagen Feuer aus. Augenzeugen berichteten von schweren Verwüstungen. Auch Gebäude, die relativ weit von den Explosionsorten entfernt lagen, seien noch erheblich beschädigt worden. In den Appartementanlagen, die in einem östlichen Vorort Riads liegen, wohnen den Berichten zufolge vor allem Ausländer westlicher Nationen.
Drei Selbstmordattentäter
Der saudische Innenminister, Prinz Naif Ibn Abdelasis, erklärte, die Anschläge im Osten Riads seien von drei Selbstmordattentätern verübt worden. Sie seien anscheinend Mitglieder der El Kaida gewesen. In den drei Autos, die bei den Anschlägen verwendet wurden, sei je eine verkohlte Leiche gefunden worden.
US-Bürger arbeiten in der Ölindustrie
Das amerikanische Außenministerium hatte US-Bürgern Anfang Mai von allen nicht unbedingt notwendigen Reisen nach Saudi-Arabien abgeraten. Zur Begründung hieß es damals, Terrorgruppen hätten möglicherweise bereits das Endstadium ihrer Planung für Angriffe auf Amerikaner im Königreich erreicht. In Saudi-Arabien leben rund 35.000 US-Bürger, von denen ein großer Teil in der Öl-Industrie arbeitet.
Bisher keine deutschen Opfer
Der britische Außenminister Jack Straw schloss nicht aus, dass sich auch Bürger seines Landes unter den Opfern befinden. Während eines Besuches in Südafrika verurteilte die «unmenschlichen Taten» auf das Schärfste. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin gibt es keine Hinweise darauf, dass Deutsche zu Schaden kamen.
Powell in Riad
US-Außenminister Colin Powell hat sich von dem Terroranschlag nicht von seinem geplanten Besuch in Riad abhalten lassen. Er wurde am Flughafen von Außenminister Prinz Saud begrüßt. Nach Powells Meinung trägt der Anschlag die Handschrift des El Kaida-Netzwerks.
Washington: Handschrift Osamas
Auch in Regierungskreisen in Washington wurde vermutet, dass die Terrororganisation El Kaida von Osama bin Laden hinter den Anschlägen steckt. "Dies könnte sehr gut sein", sagte ein Regierungsbeamter, der namentlich nicht genannt werden wollte, CNN. In der vergangenen Woche hatten die Sicherheitsbehörden in den USA und Saudi-Arabien vor Terroranschlägen gegen US-Interessen gewarnt, "die möglicherweise in der letzten Planungsphase" stünden.
Terrorzelle aufgespürt
Erst in der vergangenen Woche hatten die saudischen Behörden bei der erfolglosen Verfolgung einer islamistischen Terrorzelle in Riad größere Mengen von Waffen und Munition sichergestellt. Der Unterschlupf der 19 Terroristen, zu denen 17 Saudis, ein Kuwaiter und ein Jemenit gehören sollen, lag in der Nähe der Ausländersiedlung, in der in der Nacht zum Dienstag die erste Bombe explodierte. Das saudische Herrscherhaus hatte in den vergangenen Wochen einige vorsichtige Reformen angekündigt, die in religiösen Kreisen auf wenig Gegenliebe stießen.
Endlich Existenz von Extremisten eingeräumt
In den vergangenen zwei Jahren hatte es im Königreich mehrere Angriffe auf Ausländer gegeben. Dabei waren unter anderem Autobomben eingesetzt worden. Die saudischen Behörden hatten erst vor wenigen Wochen überhaupt die Existenz islamistischer Extremisten im Land eingeräumt und mehrere Festnahmen bekannt gegeben.