Türkei-Beitritt Merkel und Erdogan Hand in Hand

Für die Türkei gewünscht hatte sich die CDU-Chefin eine privilegierte Partnerschaft statt eines EU-Beitritts - aber Verträge muss man einhalten, so Merkel. Nun will die Bundeskanzlerin mit Ministerpräsident Erdogan die Beitrittsgespräche vorantreiben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan haben bei ihrem ersten Treffen seit Merkels Amtsantritt das strittige Thema des türkischen EU-Beitritts bis auf weiteres vertagt.

Ohne sich zum türkischen Beitrittsziel zu äußern machte Merkel deutlich, dass die im Oktober begonnenen Verhandlungen weitergehen müssten. "Wir haben darüber gesprochen, dass 'pacta sunt servanda' (Verträge sind zu befolgen) gilt und dass die Dinge sich gut entwickeln werden", sagte sie.

Merkel traf Erdogan am Rande des EU-Mittelmeergipfels in Barcelona. "Die Atmosphäre war gut und die war bei uns beiden immer gut", sagte sie. Erdogan kündigte einen Deutschland-Besuch nach Merkels Türkei-Reise 2006 an. CDU/CSU lehnen anders als ihr Koalitionspartner SPD einen EU-Beitritt der Türkei ab.

Bessere Integration der Türken in Deutschland

Die der Türkei bereits vor einem Jahr versprochenen Beitrittsverhandlungen laufen seit Oktober. Sie sollen mindestens zehn Jahre dauern. Über einen türkischen Beitritt zur EU wird erst am Ende entschieden.

Bei ihrer vor zehn Tagen vereinbarten Türkei-Reise in der ersten Hälfte 2006 sollten Gespräche über die wirtschaftliche Zusammenarbeit fortgesetzt werden, sagte Merkel. Sie kündigte zudem an, gemeinsam mit Erdogan an der besseren Integration aus der Türkei stammender Menschen in Deutschland arbeiten zu wollen. "Ich weiß, dass der türkische Ministerpräsident hier ausgesprochen interessiert ist, dass die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland integriert wird und die Sprache kennt. Und das werden wir auch gemeinsam voranbringen."

Ergebnisoffen verhandeln

Wie Merkel zeigte sich auch Erdogan ungeachtet des ungelösten Streits über den EU-Beitritt um enge Beziehungen bemüht. Er sei froh, dass Merkel Kanzlerin sei, sagte Erdogan und kündigte einen Gegenbesuch in Deutschland nach Merkels Türkei-Reise an. "Die Türkei und Deutschland werden auch in Zukunft wie immer Hand in Hand gemeinsam vorangehen." Auch Erdogan betonte, er wolle sich gemeinsam mit Merkel um bessere Lebensbedingungen für die in Deutschland lebenden Türken bemühen. Die Zahl türkisch stämmiger Menschen in Deutschland wird auf gut drei Millionen geschätzt.

Wegen der strikten Ablehnung eines türkischen Beitritts zur EU bei CDU/CSU hatten türkische Politiker erleichtert auf das Ergebnis der Bundestagswahl reagiert. Die positive Haltung der SPD und die negative der Unionsparteien dürften nach Einschätzung von EU-Experten dafür sorgen, dass die große Koalition in der Praxis eine eher neutrale Haltung beziehen wird. Im Koalitionsvertrag ist die EU-Formulierung ergebnisoffener Verhandlungen übernommen.

Reuters
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