Der Weltsicherheitsrat hat sich am Mittwoch in mehr als zehnstündigen Verhandlungen nicht auf eine Erklärung zum israelischen Angriff auf einen UN-Posten im Südlibanon einigen können. Eine von der Mehrheit der Ratsmitglieder angestrebte Verurteilung des Angriffs scheiterte am Mittwochabend am Widerstand der Veto-Macht USA. Für eine Verurteilung Israels wegen des Angriffs, bei dem am Dienstag vier UN-Beobachter getötet worden waren, hatten sich unter anderem Frankreich und China ausgesprochen. Zahlreiche Regierungen hatten zuvor bereits gegen das israelische Bombardement protestiert. Angestrebt wurde eine so genannte Präsidentenerklärung, die im Gegensatz zu Resolutionen völkerrechtlich nicht bindend ist. Die Verhandlungen darüber sollen am Donnerstag fortgesetzt werden.
UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte den Angriff als "offenbar absichtlich" bezeichnet und Israel scharf kritisiert. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bekundete sein tiefes Bedauern. Er betonte, der UN-Posten sei versehentlich getroffen worden, und sicherte eine gründliche Untersuchung zu. Die UN-Soldaten dort forderten Israel mehrfach zu einem Ende des Bombardements auf. Sie riefen innerhalb von sechs Stunden zehn Mal bei den israelischen Streitkräften an, wie es am Mittwoch in einem UN-Bericht hieß. Jedes Mal sei ihnen dabei ein Ende der Angriffe zugesagt worden, die sich gegen Ziele in der Umgebung des Beobachterpostens richteten.
"Es gibt keine Einigkeit, was die Einordnung des Angriffs angeht."
Der französische Ratspräsident Jean-Marc de la Sabliere äußerte sich enttäuscht. "Frankreich kann diesen Angriff nur verurteilen", sagte er. Auf die Frage eines Journalisten, wie es wohl auf die UN-Soldaten in aller Welt wirken müsse, wenn der Sicherheitsrat zu einem solchen Vorfall zunächst schweige, sagte Sabliere, der Sicherheitsrat unterstütze alle Blauhelm-Soldaten. Strittig sei, wie die Erklärung formuliert werden solle: "Ist es ein Angriff, ist es ein absichtlicher Angriff? Es gibt keine Einigkeit, was die Einordnung des Angriffs angeht. Aber auf Einigkeit sind wir bei unserer Arbeit angewiesen."
Die Opfer des Angriffs stammen nach libanesischen Angaben aus China, Österreich, Kanada und Finnland. Australien kündigte unterdessen am Donnerstag als Reaktion auf den Vorfall an, seine zwölf Blauhelm-Soldaten aus dem Südlibanon abzuziehen. Auch der chinesische UN-Botschafter Wang Guangya sagte: "Was China betrifft, so verurteilen wir dies ganz gewiss." Es müsse sichergestellt werden, dass sich ein solcher Vorfall nie wiederhole. Der amerikanische UN-Botschafter John Bolton hatte vor den Verhandlungen bereits gesagt, es gebe keinen Grund, an der israelischen Darstellung zu zweifeln, wonach der Beschuss ein "Versehen" gewesen sei. "Wir müssen mit jeder Einordnung sehr vorsichtig sein, bis die Fakten vorliegen", sagte er.
Olmert will sich nicht auf ein Ende der Militäroffensive festlegen
In der Nacht zum Donnerstag beschoss die israelische Luftwaffe nach libanesischen Rundfunkberichten einen 50 Kilometer nördlich von Beirut gelegenen libanesischen Militärstützpunkt und eine benachbarte Relaisstation des staatlichen Rundfunks. Berichte über Opfer lagen zunächst nicht vor. Aus israelischen Militärkreisen verlautete, Ziel des Angriffs sei eine Radarstation der Hisbollah-Miliz gewesen. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert will sich nicht auf ein Ende der Militäroffensive im Libanon festlegen. Er beabsichtige nicht, einen Zeitpunkt zu nennen, sagte Olmert am Mittwoch bei einem Besuch in der Ortschaft Kachol Am im Norden Israels vor Bürgermeistern der Region. Der Norden Israels liegt unter dem Raketenbeschuss der Hisbollah. Seit Beginn der israelischen Offensive gegen die Hisbollah nach der Verschleppung zweier israelischer Soldaten vor zwei Wochen hat die Miliz nahezu 1.500 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert.
Auch im Gazastreifen setzten die israelischen Streitkräfte ihre Offensive gegen militante Palästinenser fort. Die Luftwaffe beschoss am späten Mittwochabend das Haus eines ranghohen Hamas-Kommandeurs mit Raketen. Dabei wurden vier Bewohner benachbarter Häuser im Flüchtlingslager Dschabalija verletzt, wie die palästinensischen Behörden mitteilten. In einem nahe gelegenen Krankenhaus gingen Fensterscheiben zu Bruch. Die Familie des Hamas-Befehlshabers Dschihad Kahlut habe ihr Haus verlassen, nachdem sie am Dienstag einen entsprechenden Hinweis der Streitkräfte erhalten habe.