Angesichts der zunehmenden Eskalation der Gewalt in Irak wollen die USA ihr Vorgehen dort gründlich umstrukturieren. Ein interner Bericht der Streitkräfte stellt deren Kompetenz dafür allerdings deutlich in Frage. Es soll künftig mehr Straßensperren und mehr Kontrollpunkte geben, Iraker sollen verstärkt in die Geheimdienstarbeit der Streitkräfte vor Ort einbezogen werden.
Schlecht vorbereitet
Amerikanische Geheimdienstspezialisten sind demnach auf ihre Arbeit in dem arabischen Land schlecht vorbereitet, ihnen fehlen grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse. Dass bisher kaum Erfolge im Kampf gegen Attentäter verbucht werden konnte, liegt dem Bericht des Weiterbildungszentrums des Heeres, des Center for Army Lessons Learned (CALL), jedoch nicht an den US-Mitarbeitern allein. Ihnen fehle die nötige Unterstützung durch Iraker vor Ort.
Mehr Informationen seien notwendig, um Anschläge von vornherein zu verhindern, betonte US-Präsident George W. Bush am Dienstag. Bereits seit Monaten versuchen Kommandeure in Irak auf der Suche nach Attentätern, ihren Zugang zu Informationsquellen zu verbessern. Dabei bauen sie vor allem auf die Mitarbeit von Irakern, die als Einheimische mit Sprache und Kultur des Landes vertraut sind. Es werde immer wichtiger, dass die Iraker eine aktive Rolle übernähmen "beim Kampf der wenigen, die versuchen, die Hoffnungen so vieler zu zerstören", sagte Bush.
Wer verübt die Anschläge?
Noch immer wisse man nicht, wer hinter den Anschlägen stecke, die mittlerweile regelmäßig die Hauptstadt Bagdad erschüttern, räumten die Streitkräfte ein. Dabei sind allein 130.000 US-Soldaten in Irak stationiert, dazu kommen 22.000 weitere Koalitionstruppen, mehr als 80.000 irakische Sicherheitskräfte sowie Dutzende Mitarbeiter der Bundespolizei FBI.
Noch kein konkret Verdächtiger konnte bislang festgenommen werden. Lediglich am Montag wurde ein Mann mit einem syrischen Pass aufgegriffen. Er habe versucht, eine Autobombe in Bagdad zu zünden, teilte ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums am Dienstag mit.
Opfer der zunehmenden Gewalt sind Angehörige der Koalitionsstreitkräfte und Zivilisten gleichermaßen. Am Mittwoch kamen in Bagdad erneut zwei US-Soldaten ums Leben, am Dienstag wurden bei einem Selbstmordanschlag in Falludscha vier Passanten getötet. Bei der bislang schwersten Anschlagsserie in Bagdad riss am Montag ein Selbstmordattentäter mindestens zwölf Menschen mit in den Tod, als er sich vor der Rot-Kreuz-Zentrale in Bagdad in die Luft sprengte. Innerhalb der folgenden Stunde wurden bei einer Reihe von Anschlägen fast 30 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.
Vernichtendes Urteil
Der CALL-Bericht fällt ein vernichtendes Urteil über die Geheimdienstspezialisten. Sie "schienen nicht auf taktische Einsätze vorbereitet zu sein" und hätten häufig nur geringe Kenntnisse, was ihre geheimdienstlichen Anweisungen betreffe, und "wenige bis keine analytischen Fähigkeiten", heißt es in dem Bericht. Anfang Juni war eine vierköpfige Delegation des Weiterbildungszentrums zwei Wochen lang bei Einheiten vor Ort, vergangene Woche wurde der Bericht auf der Internetseite des Heeres veröffentlicht.
Satelliten und Aufklärungsdrohnen behielten Bagdad zwar aus der Luft im Auge, könnten aber nicht mit den Menschen reden und so einzelne Attentäter aufspüren, fasste James Clapper, ein ranghoher Mitarbeiter des militärischen Geheimdienstes, ein weiteres Problem zusammen. CALL zufolge mangelt es vor allem an fähigen Dolmetschern. So fehle vielen Übersetzern der notwendige Spezialwortschatz für ihre Arbeit bei Streitkräften und Geheimdienstlern - sie könnten gerade einmal "den sprachlichen Unterschied zwischen burro (Esel) und burrito (ein Gericht) erklären".