Valéry Giscard d'Estaing Der Präsident und Lady Di

  • von Tilman Müller
In einem Roman schreibt Frankreichs Ex-Präsident Valéry Giscard d'Estaing über eine Affäre seines Helden mit einer Prinzessin. Nun spekuliert das Land über eine Affäre Giscards mit Lady Di.

Er ist zwar schon 83, aber in Paris fast jeden Abend unterwegs. Ein großer, stolzer Mann mit charmantem Lächeln, der kurz am Champagner-Glas nippt und bald zum nächsten Empfang entschwebt. Auch bei den Soiréen im Palais Beauharnais, der Residenz des deutschen Botschafters an der Seine, taucht Valéry Giscard d'Estaing gerne auf. Schließlich ist Frankreichs einstiger Staatspräsident in Koblenz geboren und spricht ganz gut deutsch.

Die Franzosen nennen den imposanten Herrn, der bald seit einem halben Jahrhundert zum nationalen Promizirkus zählt, kurz Giscard oder VGE oder L'Ex. Schon im Alter von 48 Jahren (und damit früher als Sarkozy) wurde er 1974 Präsident und kam auch noch nach seiner siebenjährigen Amtzeit zu höchsten Ehren. Schrieb einen Roman, formulierte die Europäische Verfassung und wurde vor sechs Jahren in die Académie française, Gralshüter alles Französischen, gewählt. Und heute ist VGE erst recht der Held der Stunde. Denn nun wurde bekannt, dass er einen neuen Roman mit einer sagenhaften Enthüllung verfasst hat, ein Sensationswerk par excellence, das die Phantasien seiner Landsleute und den eigenen Nachruhm in geradezu unermessliche Höhen schraubt.

Eine Affäre mit Lady Di?

"Die Prinzessin und der Präsident", so der Titel, der Ende des Monats erscheint. Protagonist ist ein französischer Staatspräsident namens Jacques-Henri Lambertye, der in den 80er Jahren bei einem Dinner eines G7-Gipfels im Buckingham-Palast eine britische Prinzessin namens Patricia trifft. "Als ich zurückkam und die Stufen zum Elysée empor stieg", fabuliert Ich-Erzähler VGE, "stand mein Kopf in Flammen und mein Herz zitterte vor Glück."

Liebte der seit 1952 verheiratete Präsident tatsächlich die anmutige Prinzessin? Ist "Lady Pat" in Wahrheit Lady Di? Fragen, die nun die Grande Nation bewegen: Hunderte Artikel darüber stehen bereits im französischen Netz. Fotos kursieren, die Lady Diana an der Seite von Giscard zeigen - allerdings nicht eng umschlungen. Und ein Blatt will bereits herausgefunden haben, dass die ersten Blumen, die Lady Di nach ihrem tödlichen Unfall 1997 in ihrem Pariser Hospital erhielt, von keinem anderen als VGE kamen.

Das Leben als Liebesroman

Genüsslich werden alte Kamellen kolportiert, wie sich das Staatsoberhaupt einst den Ruf des Schürzenjägers erworben hat. Damals beim nächtlichen Zusammenstoß seines Privatwagens mit einem Milchlaster auf der Pariser Place Concorde zum Beispiel, als hinterher in den Zeitungen zu lesen war, Monsieur le Président sei "in Begleitung" und nicht zu einer eiligen Besprechung ins Elysée unterwegs gewesen. Sätze wie diesen soll VGE, so das satirische Enthüllungsblatt "Le Canard Enchaine", dereinst gesagt haben: "Die Ministerinnen verschaffen mir mehr Befriedigung als die Männer."

Wie auch immer, warum schrieb der Edelmann nun in vorgerücktem Alter diesen Liebesroman? Er brauche Geld, heißt es, weil er gerade ein neues Chateau gekauft und das alte noch nicht veräußern konnte. Der Roman sei, so andere Quellen, eine Art Rache dafür, dass man seine literarischen Verdienste in der altehrwürdigen Académie française nie genug gewürdigt habe. Manche behaupten gar, der Hochprominente habe nie verwunden, dass er 1981 überraschend abgewählt wurde - eine narzisstische Kränkung, die bei ihm zu einem bis heute nicht ablassenden Geltungsdrang geführt habe.

Und das Land zerreißt sich das Maul

Doch vielleicht hat es dem Autor einfach nur Spaß gemacht, diesen Roman zu schreiben. Womöglich hat er bei der Niederschrift sogar ein regelrechtes Hochgefühl empfunden, eine Art Vorfreude darüber, wie man sich nun im ganzen Land die Mäuler über eine ganz normale Sache zerreißt. Aber in Frankreich sorgten die Amouren der Staatsoberhäupter - ob nun echt oder nicht - eben schon immer für außerordentlich viel Gesprächsstoff.

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