Wahlzettel "Ich hatte Angst, einen Fehler zu machen"

Die komplizierten Stimmzettel stellen nicht wenige Wähler im Irak vor Probleme. Für viele ist es die erste demokratische Wahl. Wer nicht lesen kann, muss sich an Symbolen orientieren.

Mit großen Erwartungen stellen sich die Einwohner der irakisch-kurdischen Stadt Erbil am Sonntag vor den Wahllokalen an. Geduldig studieren sie den Wahlzettel mit den 111 Listen. Wer nicht lesen kann, orientiert sich an den Symbolen der Parteien. Die meisten wählen die Liste der Kurdischen Allianz, das gemeinsames Bündnis der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) unter Führung von Massud Barsani und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) von Dschalal Talabani.

Hoffnung auf mehr Selbstbestimmung

Nach der Stimmabgabe kommen alle mit einem purpurfarbenen Zeigefinger aus dem Wahllokal. "Dies zeigt, dass wir jetzt frei sind", sagt der 19-jährige Akar Asad, der zusammen mit seiner Frau Serwin Suker und seiner Schwester Bigat zur Wahl gegangen ist. Sie hätten alle die PUK gewählt, erklärt er. Die Bewohner von Erbil verbinden mit der Wahl die Hoffnung auf eine größere Selbstbestimmung nach 34-jähriger Unterdrückung durch das Regime der Baath-Partei von Saddam Hussein.

An der Koran-Grundschule Risgari werfen die Wähler ihre unterschiedlich gefärbten Stimmzettel in drei Urnen ein - eine für die Nationalversammlung in Bagdad, eine für den Provinzrat und eine dritte für das Regionalparlament der autonomen kurdischen Region in den drei Nordprovinzen Erbil, Suleimanija und Dohuk. Vertreter der Parteien und unabhängige Juristen beobachten die Stimmabgabe. "Alles läuft planmäßig, es gibt keine Betrügereien", sagt der Wahlbeobachter der turkmenischen Minderheit, Resan Mustafa.

"Das ist unsere erste Erfahrung mit einer Wahl"

Die komplizierten Stimmzettel stellen nicht wenige Wähler vor Probleme. "Soll ich das Kreuz in das Kästchen machen oder davor?" fragt ein Mann, obwohl Gespräche vor den Wahlurnen verboten sind. Ein Wähler füllt die Stimmzettel für seinen 70-jährigen Vater aus, der nicht lesen kann. "Das ist unsere erste Erfahrung mit einer Wahl", sagt der Leiter des Wahllokals, Abdullah Ahmed. "Natürlich sind die Leute verwirrt. Wir sind das noch nicht gewöhnt."

"Ich hatte Angst, einen Fehler zu machen", gesteht der 29-jährige Polizist Fuad Fattah. "Ich hoffe, die Kurden bekommen viele Stimmen, so dass wir uns selbst regieren können." Die Kurden wollen nach der Wahl einen der ihren als Übergangspräsident oder als Ministerpräsident sehen. Bislang sind diese beiden Führungspositionen von einem Schiiten und einem arabischen Sunniten besetzt.