Weihnachten in Peking An Heiligabend einen One-Night-Stand

Von Adrian Geiges, Peking
In China wird das Fest der Liebe wörtlich genommen. Laut einer Umfrage sieht fast ein Fünftel der jungen Hongkonger den Heiligabend als gute Gelegenheit für einen One-Night-Stand. Auch sonst ist Weihnachten im Reich der Mitte irgendwie anders.

Eigentlich gibt es Weihnachten in China gar nicht. Das Fest ist kein Feiertag und hat keine Tradition. Doch geht man derzeit in Peking durch die Straßen, sieht das alles ein wenig anders aus: Aus Kleidergeschäften dröhnt "Stille Nacht", Kellnerinnen tragen Nikolausmützen, manchmal kombiniert mit rotem Minikleid. Täglich trudeln SMSe ein, von der Art: "Beten Sie zusammen mit ihrer bevorzugten Geliebten: In unserem Restaurant kostet das Weihnachtsessen pro Person 128 Yuan, bei frühzeitiger Buchung 15 Prozent Rabatt."

Mit dem Kommerz kam das Fest

Mit ihrer Öffnung hat die Volksrepublik den Kommerz entdeckt und damit auch Weihnachten. Zehn Professoren haben jetzt in einem offenen Brief dagegen protestiert und vor diesem "unchinesischen Brauch" gewarnt. Doch niemand schert sich um sie.

Die Zahl der Christen in China wächst, und so kennen immer mehr Leute die Weihnachtsgeschichte. Aber alles ist relativ: Die offiziell anerkannte protestantische Kirche zählt 17 Millionen Mitglieder, bei den staatstreuen Katholiken sind 5,5 Millionen. Dazu kommen protestantische, von der Polizei verfolgte sogenannte "Hauskirchen" mit geschätzten 20 Millionen Mitgliedern und ebenfalls geächtete romtreue Katholiken, wahrscheinlich sechs bis zwölf Millionen. Gemessen an 1,7 Milliarden Chinesen winzige Zahlen. Heiligabend gehen allerdings auch einige Nichtchristen in die Kirche, weil sie die Atmosphäre und die Musik lieben.

Die meisten Chinesen mittleren und höheren Alters können mit Weihnachten nichts anfangen, wissen auch nicht, warum es gefeiert wird. Sie haben davon gehört. Das ist alles. Es ist so, wie wenn man Deutsche über das chinesische Frühjahrsfest befragen würde. Unter chinesischen Jugendlichen ist Weihnachten modern geworden - ein Tag, der überwiegend mit Freunden in Discos oder mit dem Partner im schicken Restaurant verbracht wird. Manchmal informieren die Leute ihre Freunde per SMS über die Festtagsplanung: "Bin mit meinem Mann im Autokino - wie feierst du Weihnachten?"

Weihnachten ist auch hier eine Zeit des Shoppings. Wer es sich leisten kann, fliegt dafür nach Hongkong. Besorgt werden allerdings vor allem Stiefel oder Videokameras für einen selbst, nicht für andere. Das Familienfest, das unseren Weihnachten entspricht, ist das chinesische Neujahr. Es folgt dem alten Mondkalender, wird 2008 am 7. Februar gefeiert.

Heiligabend macht man einen drauf

Heiligabend hingegen macht man einen drauf. Eine Umfrage in Hongkong hat laut der dortigen Tageszeitung South China Morning Post gerade ergeben: Fast jeder fünfte Jugendliche findet einen One-Night-Stand Heiligabend akzeptabel, des besonderen Anlasses wegen. Die Hongkonger Föderation der Jugendverbände sorgt sich jetzt, viele könnten netten Bekannten einen One-Night-Stand auch als Weihnachtsgeschenk anbieten.

Was ja weiter kein Problem wäre, wenn unterm Weihnachtsbaum Kondome liegen würden. Aber einen Weihnachtsbaum hat in China fast niemand zu Hause stehen.