Bundeshaushalt Eichel steht vor einem 15-Milliarden-Loch

Die Hartz IV-Reform entwickelt sich zum "Schwarzen Loch" im Bundeshaushalt. Finanzminister Hans Eichel fehlen in diesem Jahr knapp 15 Milliarden Euro. Allein die Arbeitsmarktreform verschlingt zusätzliche zehn Milliarden Euro.

Neben den bereits bekannten Einnahmeausfällen von fünf Milliarden Euro kommen dem Bericht zufolge knapp zehn Milliarden Euro Mehrkosten für die Arbeitsmarktreform Hartz IV dazu. Laut "Spiegel" hat Bundeskanzler Gerhard Schröder für die erste Juni-Woche bereits eine Krisensitzung zu den Hartz-Kosten angesetzt.

Bei dem Treffen solle Wirtschaftsminister Wolfgang Clement die Gründe für die unerwartete Kostensteigerung bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe erläutern, berichtete das Nachrichtenmagazin. An der Runde sollten auch Eichel und SPD-Chef Franz Müntefering teilnehmen. Ein erstes Sondertreffen zu den Hartz-Kosten habe Schröder vor drei Wochen absagen lassen, weil Clement keine klaren Zahlen habe vorlegen können.

Regierung weist Berichte zurück

"Eine seriöse Aussage zu den Gesamtbelastungen im Haushalt ist derzeit noch nicht möglich", sagte ein Sprecher des Ministeriums. Die Regierung habe zuletzt fast täglich darauf hingewiesen, dass es erhebliche Risiken im Haushalt 2005 gebe, auch darauf, dass sich die Risiken durch die Belastungen in Folge der Arbeitsmarktreform Hartz IV im mittleren einstelligen Milliardenbereich bewegten. Für konkrete Aussagen sei es zu früh. Dazu müsse die Entwicklung abgewartet werden.

Eine Million mehr Hartz IV-Empfänger als geplant

Eichel hat bereits selbst eingeräumt, dass die Lage am Arbeitsmarkt in diesem Jahr zusätzliche Belastungen mit sich bringt. "Für den Bundeshaushalt 2005 ergibt sich ein Fehlbetrag von knapp 15 Milliarden Euro", zitierte die "Welt am Sonntag" nun aus einer internen Regierungsvorlage. Als Ursache dafür werden dem Bericht zufolge Einnahmeausfälle von rund fünf Milliarden Euro angegeben, aber auch "arbeitsmarktbedingte Mehrausgaben von knapp zehn Milliarden Euro".

Der "Spiegel" zitierte aus einer Analyse des Wirtschaftsministeriums, in der die Hintergründe für die unerwarten Kostensteigerungen erläutert werden. So müsse "davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Anträge von Bedarfsgemeinschaften erst mit einer gewissen Zeitverzögerung bearbeitet wird", heiße es darin. Die Zahl der Arbeitslosengeld-Empfänger könne deshalb noch einmal um etwa fünf Prozent steigen und rund zwei Milliarden Euro Mehrausgaben verursachen.

Weil die Zahl der Hilfebedürftigen um eine Million über den Planzahlen liege, müsse der Bund zusätzliches Geld für die Eingliederung dieser Arbeitslosen bereitstellen, was nach einer Prognose des Wirtschaftsministeriums weitere zwei Milliarden Euro kostet. Bisher lägen die geschätzten zusätzlichen Kosten bei insgesamt etwa 20 Milliarden Euro in diesem und im nächsten Jahr.

Einhaltung der Defizitgrenze in Gefahr

Laut "Welt am Sonntag" würde das deutsche Staatsdefizit bei einem Haushaltsloch von 15 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Daran ändere auch Eichels Absicht nichts, die Haushaltslücke mit vorzeitig zurückgezahlten Schulden Russlands und durch den Verkauf von Forderungen des ERP-Sondervermögens zu schließen. Solche nur einmalig wirkenden Einnahmen werden bei der Defizit-Berechnung der EU nicht berücksichtigt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Laut der jüngsten Steuerschätzung muss sich der Bund zwischen 2005 und 2008 auf einen Steuerschwund von 39,1 Milliarden Euro einstellen. Eichel hat bisher keine Angaben zu Löchern im laufenden Etat gemacht. Finanziellen Risiken stehe das überraschend starke Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent im ersten Quartal gegenüber, sagte er zuletzt. Der von der Opposition geforderte Nachtragshaushalt mache aus seiner Sicht "aktuell keinen Sinn".

AP