"Hart aber fair" Bürgergeld-Empfänger schildert bittere Realität von Armutsbetroffenen – und hat eine zentrale Forderung

"Hart aber fair"-Gast Thomas Wasilewski engagiert sich in Mönchengladnach ehrenamtlich bei der Suppenküche
"Hart aber fair"-Gast und Bürgergeld-Empfänger Thomas Wasilewski engagiert sich in Mönchengladbach ehrenamtlich bei der Suppenküche und bei der Tafel
© Screenshot / ARD
Wenn der Kaffee zum Luxus wird und die Geldnot für schlaflose Nächte sorgt. Bei "Hart aber fair" berichtete ein Bürgergeld-Empfänger eindrücklich, was Armut für Betroffene bedeutet.
 

563 Euro im Monat, knapp 19 Euro am Tag, stehen Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfängern zur Verfügung. Für Lebensmittel, für Kleidung, fürs Handy. Oder, wenn das Geld reicht, mal für einen Kinobesuch. Kurz: für ein menschenwürdiges Leben. Doch die Sozialleistung ist nicht unumstritten. "Druck und Sanktionen: Bürgergeld abschaffen?", fragte Moderator Luis Klamroth am Montagabend zu Beginn bei "Hart aber fair" – und im ARD-Talk prallten Welten aufeinander.

Auf der einen Seite etwa CDU-Politiker Philipp Amthor, der die staatliche Grundsicherung (Stichwort: "Totalverweigerer" bzw. "Totalverweigerinnen") kürzen oder in bestimmten Fällen sogar ganz streichen will. 

Bürgergeld-Empfänger berichtet bei "Hart aber fair" von bitterer Armut

Auf der anderen: Thomas Wasilewski. Der 59-Jährige aus Mönchengladbach ist Bürgergeld-Empfänger. Nach eigenen Bekunden hat der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann 30 Jahre lang gearbeitet, unter anderem selbst in der Integration von Langzeitarbeitslosen. Dann sei er krank geworden und habe seither nicht mehr arbeiten können. Seit zwölf Jahren beziehe er Bürgergeld bzw. dessen Vorgänger, das sogenannte Hartz-IV, habe parallel drei Kinder großgezogen. "Ich habe alles dafür getan, dass die so gut wie möglich in diesem Land integriert sind und eines Tages auch dafür sorgen können, dass ich eine vernünftige Rente kriege und im Grunde genommen bekomme ich gar nichts dafür." Dabei ist Wasilewski nicht faul: Er arbeitet ehrenamtlich in der Suppenküche und bei der Tafel seines Wohnortes, vor denen sich regelmäßig lange Schlangen Bedüftiger bilden.

Wasilewski brachte die Lebenswirklichkeit der von Armut betroffenen Menschen in die Runde, berichtete aus seinem Alltag und von seinem Ehrenamt:

  • "Wir unterstützen hier Leute, die nichts zu essen haben. (...) Hier stehen Oma, Opa, hier stehen Bedürftige, die arbeiten gehen. Leute, die den ganzen Tag arbeiten gehen – weil sie am Monatsende nichts zu essen haben, stehen die hier."
  • "Die Leute haben Hunger, weil das Bürgergeld nicht ausreicht. Das ist eine grausame Katastrophe für die Menschen, wenn sie da stehen."
  • "Da stehen Frauen, die brauchen Binden, die brauchen Klopapier, die brauchen Tampons, die haben nichts mehr."
  • "Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal auswärts einen Kaffee getrunken habe. Das mache ich nicht, das ist absoluter Luxus."
  • "Ich habe nie geglaubt in meinem Berufsleben, dass ich nachts mal wach liege und überlegen muss, wie kommst du zum Monatsende, und schlaflose Nächte habe, weil es vorne und hinten nicht reicht, Herzrasen kriege und psychische Probleme bekomme, weil man nicht mehr weiß, wie es weitergeht."

Thomas Wasilewski vertritt die Rechte armutsbetroffener Menschen regelmäßig in den Medien, zusammen mit dem Sozialverband VdK klagt er für einen höheren Bürgergeld-Regelsatz. Gut 800 Euro halte er für einen Betrag, der einigermaßen auskömmlich wäre. Von Überlegungen zum weiteren Abbau des Sozialstaats hält er wenig – genauso wie von der Rhetorik vieler Politikerinnen und Politiker, die Empfängerinnen und Empfänger des Bürgergeldes oftmals pauschal als faul abstempelten. 

Bliebe alles so, wie es ist, sehe der Mönchengladbacher wenig Hoffnung auf ein besseres Leben: "Denn ich bin für den Rest meines Lebens arm", sagte er bei "Hart aber fair". CDU-Politiker Amthor hielt Forderungen nach einer Erhöhung der Regelsätze entgegen, die wäre ein Sozialstaat nach Prinzip des "Schlaraffenlandes" und machte auf ein Problem aufmerksam: "Irgendwo muss das Geld ja herkommen."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Das wusste Wasilewski auch. Seine Forderung an die Politik: "Wenn man den Schwächsten in dieser Gesellschaft durch Sanktionen das letzte Hemd nehmen will, dann sollte man so fair sein und den Stärksten in dieser Gesellschaft das abverlangen, was die Gesellschaft braucht – nämlich höhere Steuern."

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