Selbst die FDP klatscht Beifall, wenn der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, SPD, angreift. Fritz Kuhn, Fraktionschef der Grünen, nimmt Gysi in Schutz gegen den Vorwurf des Populismus, wenn der analysiert, dass der Steuerzahler für die Fehler der Bankmanager aufkommen müsse.
Solche Einigkeit der drei Oppositionsparteien ist selten im Deutschen Bundestag. Auf der anderen Seite steht die große Koalition, allen voran Finanzminister Peer Steinbrück. Er sieht die Ursachen für die internationale Finanzkrise im Versagen der Rating-Agenturen und der verantwortlichen Bankmanager.
Bankmanager hätten Risiken früher erkennen müssen
Die US-Banken hätten auf der Jagd nach schnellen Renditen ihre Anforderungen an Kreditqualität deutlich verringert und kräftig risikoreiche Kredite vergeben, die schlecht besichert waren, kritisiert Steinbrück. Unterstützt durch die Einschätzung verschiedener Rating-Agenturen seien diese Kredite gehandelt worden, wobei eben diese Agenturen auch die Banken beraten hätten. "Das ist so, als wenn die Stiftung Warentest ein Produkt testen würde, an dessen Umsatz sie beteiligt ist", sagte Steinbrück in seiner Regierungserklärung.
Die verantwortlichen Bankmanager und Bankenaufseher hätten die Risiken früher erkennen müssen, meint Steinbrück, und wirft den Verantwortlichen Versagen vor. Das macht auch die Opposition, die die Bundesregierung beschuldigt, zu spät auf Warnungen vor den Risiken reagiert zu haben. Grünen-Fraktionschef Kuhn, erinnerte daran, dass es bereits Ende 2005 offizielle Warnungen gegeben habe. Der Internationale Währungsfonds hätte auf das Problem aufmerksam gemacht. Der FDP-Politiker Herrmann Otto Solms prangerte an, dass alleine zur Rettung der Mittelstandsbank IKB bereits sechs Milliarden Euro an Steuergeldern "verbrannt" worden seien. Die IKB hätte nur durch ein Kompetenz-Wirrwarr im Finanzministerium in die prekäre Situation geraten können.
Stabiles Wachstum in Deutschland
Dass die Liberalen in diesem Zusammenhang den Ministerialdirektor im Finanzministerium, Jörg Asmussen, scharf angriffen, brachte dessen Dienstherr Steinbrück auf die Palme. In der nachfolgenden Debatte um die Erbschaftsteuerreform nannte Steinbrück es "unanständig" von der FDP, einen Mitarbeiter seines Hauses derart anzugreifen. Er trage die Verantwortung für seine Leute, versicherte Steinbrück, deswegen sollte die Opposition ihn angreifen und nicht einen Abteilungsleiter seines Ministeriums beschimpfen.
Trotz der Krise auf den internationalen Finanzmärkten geht die Bundesregierung von einem stabilen Wirtschaftswachstum in Deutschland aus, das Steinbrück für das laufende Jahr bei 1,7 Prozent sieht. Forderungen nach einem Konjunkturprogramm erteilte er eine Absage. Kurzfristige Programme und Steuersenkungen auf Pump seien keinesfalls die richtige Antwort auf die internationale Finanzkrise. Vielmehr hätte die große Koalition Maßnahmen ergriffen, die der Wirtschaft beim Wachsen helfe sollen.
Steinbrück warnt vor zu großen Begehrlichkeiten
Mit der Initiative "Wachstum, Beschäftigung und Familienförderung", der Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung und der Unternehmenssteuerreform leiste die Bundesregierung nahezu den gleichen Beitrag wie die US-Regierung mit ihrem Konjunkturpaket, erklärte Steinbrück. Auf der anderen Seite warnte der Finanzminister mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsverhandlungen auch vor zu großen Begehrlichkeiten: "Auf unerwartete Steuermehreinnahmen wie in den vergangenen beiden Jahren kann in diesem Jahr niemand hoffen, das Gegenteil ist nicht auszuschließen."