Nach dreieinhalb Monaten hebt die Bundesregierung die wegen des Gaza-Kriegs verhängten Beschränkungen für Rüstungsexporte nach Israel wieder auf. Diese Entscheidung gelte ab dem 24. November, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius der Deutschen Presse-Agentur.
Er begründete die Aufhebung unter anderem mit der seit dem 10. Oktober geltenden Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, die sich "in den letzten Wochen stabilisiert" habe. Außerdem nannte er die Bemühungen um einen dauerhaften Frieden und die verstärkte humanitäre Hilfe im Gaza-Streifen. Die Bundesregierung werde bei den Rüstungsexporten nun "generell wieder zur Einzelfallprüfung zurückkehren und auf die weiteren Entwicklungen reagieren".
Israels Außenminister Gideon Saar zeigte sich erleichtert. "Ich begrüße den Schritt von Kanzler Merz, die Entscheidung über das Teil-"Embargo" zurückzunehmen", teilte er auf der Plattform X mit. Er rief zugleich andere Regierungen auf, dem Beispiel Deutschlands zu folgen.
Belastungsprobe für deutsch-israelische Beziehungen
Das Teil-Embargo hatte die deutsch-israelischen Beziehungen schwer belastet. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte am 8. August angeordnet, dass vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr genehmigt werden, die im Gaza-Krieg verwendet werden können. Er reagierte damit auf ein zunehmend aggressives Vorgehen der israelischen Streitkräfte. "Solidarität mit Israel bedeutet nicht, dass wir jede Entscheidung, die eine Regierung trifft, für gut halten und ihr dabei auch noch Unterstützung zukommen lassen bis hin zu militärischer Unterstützung durch Waffen", sagte Merz damals.
In der Union sorgte die Entscheidung für massive Irritationen. Merz hatte sie zwar mit Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) abgesprochen, aber nicht mit der CSU und der Führung der Unions-Fraktion im Bundestag.
Auch aus Israel kam scharfe Kritik. Netanjahu warf Deutschland vor, mit dem Beschluss die islamistische Hamas für deren Terror zu belohnen. Der israelische Botschafter Ron Prosor forderte erst in der vergangenen Woche in einem dpa-Interview wieder, den Waffenstillstand zum Anlass für eine Aufhebung der Exportbeschränkungen zu nehmen. Es seien "schöne Worte" zu sagen, dass Israel das Recht hat, sich selbst zu verteidigen, sagte er. "Aber wenn Israel nicht die Mittel hat, dann ist es problematisch."
Israel braucht Motoren für Merkava-Panzer
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Nun kehrt die Bundesregierung wieder zu ihrer früheren Praxis zurück. "Die Ankündigung vom 8. August zur Exportpraxis für bestimmte Rüstungsgüter gilt angesichts der veränderten Umstände nicht fort", erklärte Kornelius. Das bedeutet aber nicht, dass alle Anträge positiv beschieden werden. Die Bundesregierung prüft jeden Einzelfall.
Kriegswaffenexporte sind schon seit dem vergangenen Frühjahr nicht mehr von der Bundesregierung genehmigt worden. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Gewehre, U-Boote oder Panzer. Davon zu unterscheiden sind sonstige Rüstungsgüter - von Sanitätsmaterial bis zu Bauteilen für militärisches Gerät.
Israel wünscht sich derzeit vor allem Motoren für ihre Merkava-Panzer, die von der deutschen Firma Renk produziert werden. Es ist davon auszugehen, dass die nun wieder geliefert werden können.
Israel ist bei Rüstungsexporten ein Sonderfall
Eigentlich untersagen die Exportrichtlinien der Bundesregierung generell die Lieferung von Rüstungsgütern in Kriegs- und Krisengebiete. Es gibt aber Ausnahmen. Dazu zählt die Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer und auch Israel ist ein Sonderfall. Wegen der Ermordung von sechs Millionen Juden in Europa unter deutscher Nazi-Herrschaft gilt die Sicherheit Israels heute für Deutschland als Staatsräson. Deswegen wird beispielsweise auch der Export von U-Booten nach Israel mit Steuergeldern subventioniert.
Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Bundesregierung die Rüstungsexporte nach Israel zunächst sogar verstärkt, um Solidarität zu zeigen. Die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) erteilte bis zu ihrer Ablösung am 6. Mai 2025 Exportgenehmigungen im Wert von fast einer halben Milliarde Euro.
Auch die schwarz-rote Regierung von Merz erlaubte die Ausfuhr militärischer Ausrüstung nach Israel weiter, aber nur in geringem Umfang. Die aktuellste Zahl dazu: In den ersten knapp sieben Wochen nach dem Teil-Embargo wurden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zwischen dem 8. August und 22. September Rüstungsexporte für 2,46 Millionen Euro nach Israel genehmigt.
Neue Grundlage für Gerichtsverfahren
Die deutschen Rüstungsexporte sind seit geraumer Zeit auch ein Fall für die Justiz. Beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag ist eine Klage des lateinamerikanischen Landes Nicaragua anhängig, das Deutschland der Beihilfe zum Völkermord beschuldigt. Das Verwaltungsgericht Berlin hat erst in der vergangenen Woche Klagen mehrerer Palästinenser unter Berufung auf den Exportstopp zurückgewiesen. Für diese Klagen gibt es nun eine neue Bewertungsgrundlage.