Woran starb Gerwald Claus-Brunner? Der Piraten-Politiker war tot in einer Steglitzer Wohnung gefunden worden - zusammen mit der Leiche eines anderen Mannes. Laut Polizei gab es weder einen Unfall, noch liege Fremdverschulden vor. "Genauere Umstände sind uns nicht bekannt; allerdings wussten wir von einer unheilbaren Erkrankung", hieß es. Erst vor zwei Monaten hatte der Parlamentarier in einer Rede im Berliner Abgeordnetenhaus mit einer rätselhaften Ankündigung Aufsehen erregt.
Gerwald Claus-Brunner: "Ihr werdet für mich aufstehen und stillschweigen"
Laut des Protokolls einer Plenarsitzung von Ende Juni sagte Claus-Brunner: "Ihr werdet es ab dem 18.9. noch bereuen, dass es diese Fraktion, der ich angehöre, nicht mehr geben wird." Und weiter: "Ihr werdet auch in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen." Das Datum bezog sich auf die Berliner Landtagswahl, bei der die Piraten auf 3,2 Prozent kamen und damit aus dem Parlament ausgeschieden sind.
Laut des Sitzungsprotokolls ermahnte Parlamentsvizepräsidentin Anja Schillhaneck nach der Rede Claus-Brunners das Plenum: "Zwischenrufe sind wirklich unangemessen. Das sollten Sie bitte unterlassen!", so Schillhaneck. Offenbar hatte ein ungenannter Abgeordneter dem Piraten-Politiker während dessen Rede "Geh mal zum Arzt" zugerufen. Medienberichten zufolge erkundigten sich mehrere Abgeordnete bei der Piraten-Fraktion nach der Situation von Claus-Brunner.
"Faxe war nie einfach und hatte es auch nie leicht"
Claus-Brunner gehörte zur Berliner Piratenfraktion, die 2011 als erste Fraktion dieser Partei in einen Landtag einzog. Er war eine auffällige Erscheinung - nicht nur wegen seiner Körpergröße. Das Markenzeichen des 44-Jährigen waren Latzhose und Kopftuch. Um die Kopfbedeckung gab es politischen Aufruhr, weil Claus-Brunner auch Palästinensertücher im Parlament verwendete. Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hatte den Politiker aufgefordert, das Kopftuch abzulegen. Es stehe für Nationalismus, bewaffneten Kampf und Anti-Zionismus. Claus-Brunner hatte die Kritik zurückgewiesen und trug zeitweise einen Davidstern.
Bereits nach der ersten Zeit im Abgeordnetenhaus - und nach einigen internen Querelen bei den Piraten - hatte Claus-Brunner geklagt, er sei moralisch und seelisch am Ende. Später sagte er: "Ich halte durch, weil ich sicher bin, dass ein großer Teil der Basis hinter mir steht." Die Piraten, die von einem Suizid ausgehen, schrieben in einer Reaktion: "Faxe, wie wir ihn alle nannten, war nie unumstritten, Faxe war nie einfach und er hatte es auch nie leicht. Jeder von uns kann eine Geschichte über ihn erzählen." Sie beendeten ihre Mitteilung: "Lebwohl, Faxe! Wir werden dich vermissen."
Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.