Im Kamin knistert Feuer. Holzbänke, Holztische. Auf den Tischen stehen kleine Teelichte, einige Weingläser. Dreißig Männer und Frauen sind zu dem Treffen gekommen, kein einziger Jugendlicher, die meisten älter als 50 Jahre. Für Roger Kusch haben sie ein Mikrofon aufgebaut, aber eigentlich braucht er keins, denn selbst jeder mittelmäßig begabte Klassensprecher könnte vor dieser Kulisse so laut reden, dass ihn auch jeder versteht.
Der Wille ist immer noch da. Nur nicht der Erfolg
Der ehemalige Hamburger Justizsenator lehnt lässig am Tresen des "Nienstedtener Marktplatzes", einem gemütlichen, bürgerlichen Restaurant in einer der nobelsten Gegenden der Stadt. Im Publikum sitzen die letzten Übriggebliebenen eines norddeutschen Politik-Experiments. "Heimat Hamburg" wollte sich als demokratische Partei rechts der CDU etablieren. Und der Wille ist immer noch da. Nur nicht der Erfolg.
"Wir verzichten auf eine Abschlusskundgebung", sagt Kusch. "Wir sind eine viel kleinere Partei als die CDU, bei uns werden die Plakate nicht von Firmen aufgestellt, sondern von unseren Mitgliedern." Er kennt sie alle beim Namen, grüßt jeden einzelnen per Handschlag. Viele sind es nicht, einige von ihnen waren früher für den bereits gescheiterten Rechtspopulisten Ronald Schill im Wahlkampf unterwegs. Die Wahrheit ist: Eine Abschlusskundgebung mit drei, vier Dutzend Anhängern im Hamburger Nieselregen wäre wohl mehr als einfach nur deprimierend gewesen. Seine Partei bewegt sich im Nullkomma-Spektrum, und niemand weiß, ob Kusch bei der nächsten Wahl noch einmal antreten kann.
Fremdenfeindlicher Unterton
Immer wieder schimpft Kusch über die Medien. "Totgeschwiegen" hätte sie ihn und seine Partei. Und er kritisiert jene Unionspolitiker, die sich in einem offenen Brief von Roland Kochs Wahlkampf distanziert haben. Darin hieß es unter anderem, dass ausländische Jugendliche oft mehr Respekt vor dem Alter hätten als deutsche. "Es mag ja sein, dass ein türkischer Junge mehr Respekt vor seinem ihn täglich verprügelnden Vater verspürt als ein deutscher Junge", sagt Kusch. "Mich interessiert aber viel mehr, ob ein türkischer Junge mich auf der Straße in Ruhe lässt, oder ob er mich anpöbelt." Entspanntes Kopfnicken bei den Parteimitgliedern. Auch die Forderung nach einer Uni, die das Bevölkerungsverhältnis widerspiegelt, hobelt Kusch mit xenophoben Unterton vom Tisch. "Eine positive Ausländerquote an deutschen Unis ist blanker Hohn am Leistungsprinzip". Als Positivbeispiel nennt er ausgerechnet die vornehme Hamburger Privatuni "Bucerius Law School", wo ein Vollstudium mehrere zehntausend Euro kostet. "Das ist auch eine Uni, an der es viele Ausländer gibt. Das sind aber keine Türken, die hier die Hauptschule abgebrochen haben, sondern Inder und Pakistani."
Kusch war 34 Jahre lang CDU-Mitglied. Nach seinen Rauswurf als Justizsenator - seine Behörde soll vertrauliche Unterlagen aus einem Untersuchungsausschuss weitergegeben haben - gründete er im Jahr 2006 die Partei "Heimat Hamburg". Er traf sich mit dem österreichischen Rechtsaußen Jörg Haider, gab der rechtskonservativen Wochenzeitung "Junge Freiheit" ein Interview und knüpfte Kontakte zum umstrittenen Verein "Die Deutschen Konservativen", der vom Bundesverfassungsschutz Mitte der 90er Jahre als "rechtsextrem" eingestuft wurde. Und auch mit seinen Äußerungen polarisierte er. In der Hamburger Politszene galt er mit Parolen wie "Kriminelle Ausländer raus" als geistiger Erbe von Schill.

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Wahlkampf gegen "kriminelle Ausländer"
Im Bürgerschaftswahlkampf 2008 setzt Kusch vor allem auf die Themen Ausländerkriminalität, Jugendgewalt und Altersarmut. Er fordert eine monatliche Mindestrente von 850 Euro, die Abschaffung des Jugendstrafrechts und die "konsequente Abschiebung von Gewalttätern und Drogendealern". Außerdem tritt er für eine Legalisierung der Sterbehilfe ein. Seinen Wahlkampf beschränkte er nach eigenen Angaben auf Viertel mit "Potenzial". Wo Studenten und linke Großstadtbürger wohnen, da ist für ihn nichts zu holen.
"Weit und breit ist keine Partei zu sehen, die ein Themenspektrum abdeckt wie die CSU in Bayern", sagt Kusch. Es klingt fast wehleidig. "Für mich steht jedoch schon jetzt fest, dass es sich gelohnt hat", betont er. "Ob wir die fünf Prozent erreichen werden, wissen wir noch nicht." Kusch sagt, dass 45.000 Stimmen für den Einzug in die Bürgerschaft reichen. Er schaut in die Runde. Dreißig hat er schon sicher. Fehlen noch 44.970.