Katharina Althaus "Mein Mann ist wieder der Alte"

Wochenlang schwieg sie - jetzt hat sich Katharina Althaus im stern das erste Mal öffentlich geäußert: Ihr Mann wolle "zu 100 Prozent in sein Amt zurück", sagt die Frau von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus. Sie berichtet vom Ski-Unfall des CDU-Politikers, seinen Fortschritten bei der Heilung und dem Halt, den sie im christlichen Glauben findet.

Frau Althaus, Ihr Mann hat seine Rückkehr in die Politik angekündigt. Wie geht es ihm jetzt?

Erfreulicherweise hat sich sein Gesundheitszustand in den letzten zwei Wochen erheblich verbessert. Wir sind beide froh und erleichtert, dass es so gekommen ist. Dafür habe ich meine ganze Kraft eingesetzt.

Woran merkt man, dass es Dieter Althaus wieder besser geht?

Er nimmt wieder sehr viel intensiver am Geschehen teil als noch vor ein paar Wochen. Besonders ausgeprägt ist sein Wunsch, sich jetzt wieder sportlich zu betätigen. Wir joggen jeden Tag, circa vier Kilometer. Das macht er mit großer Freude. Er liest auch wieder gern. Jetzt hat er gerade mit dem neuen Buch von Claudia Rusch, "Aufbau Ost", begonnen. Außerdem schmökert er in "Eliten in Ostdeutschland" von Gunnar Hinck.

Wie geht es ihm seelisch?

Mein Mann hat sich sehr stabilisiert, vor allem in den letzten ein, zwei Wochen. Er kann sich auch wieder an den Kleinigkeiten des Lebens freuen, an den ersten Vorboten des Frühlings zum Beispiel. Und dann sind da die Gespräche mit Freunden. Die helfen ihm sehr.

Wie läuft die Behandlung ab?

Es gibt Physiotherapie, Ergotherapie, Sport. Im Rahmen der neuropsychologischen Therapie liest er Fachtexte aus der Physik, der Astronomie, der Medizin. Das hat dem positiven Entwicklungsprozess meines Mannes sehr geholfen.

Haben Sie das Gefühl, dass sich Ihr Mann verändert hat - oder ist er derselbe geblieben?

Seit es ihm besser geht, kann man sagen: Er ist wieder der Alte.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Sie sind beide tief verwurzelt im christlichen Glauben. Haben Sie in den vergangenen Wochen viel gebetet?

Auf jeden Fall! Wir beten sehr viel miteinander, auch für die verstorbene Frau Christandl. Wir haben immer auf die Hilfe unseres Herrgotts vertraut. Unser Glaube hat uns die nötige Kraft und Zuversicht gegeben. Es gibt einen alten Spruch, der aus der Bibel abgeleitet wird: "Wer auf Gott vertraut, der hat nicht auf Sand gebaut." Da ist sehr viel Wahres dran.

Sie leben bei Ihrem Mann in der Klinik?

Ja, richtig. Es gibt eine kleine Wohneinheit mit einem abgetrennten Schlafraum. Ich habe meinen Mann in den letzten Wochen 24 Stunden am Tag begleitet.

Welche Erinnerung hat Dieter Althaus an den Tag des Unfalls?

An den Unfall selbst kann er sich gar nicht mehr erinnern. Genau genommen hat er gar keine große Erinnerung mehr an diesen Tag. Er weiß nur noch, dass wir Ski gefahren sind. Das ist alles.

In den ersten Wochen nach dem Unfall verstarb Ihr Schwiegervater. Hat das Ihren Mann beim Heilungsprozess sehr stark zurückgeworfen?

Natürlich hat ihn das sehr mitgenommen. Aber einen Tag bevor er starb, hat er meinen Mann noch in der Klinik besucht. Letztlich überwog bei meinem Mann die Freude, dass er ihn noch einmal gesehen hatte.

Wie lauten die aktuellen Prognosen der Ärzte?

Die Rehabilitation nach einem Schädel- Hirn-Trauma ist ein längerer Prozess. Im nächsten Schritt wird der stationäre Aufenthalt durch eine ambulante Behandlung bei uns daheim in Thüringen abgelöst. Wann das der Fall sein kann, müssen die Ärzte entscheiden. Es gibt dazu noch kein festes Datum.

Wie kam es jetzt zu dem Entschluss, die Rückkehr in die Politik anzukündigen?

Nachdem das juristische Verfahren abgeschlossen war, hat er in vielen Gesprächen in der Familie und mit Freunden den Entschluss gefasst, jetzt öffentlich zu erklären, dass er erneut als Spitzenkandidat antritt.

Wie stark ist sein Wille ausgeprägt, in die Politik zurückzukehren?

Sehr stark. Er will zu 100 Prozent in sein Amt zurück.

Hat Ihr Mann inzwischen mit Angela Merkel wieder Kontakt?

Ja, die beiden haben miteinander telefoniert. Ich selbst habe auch mehrfach mit Frau Merkel gesprochen.

Wann kann Ihr Mann wieder voll politisch tätig sein?

Demnächst beginnt die ambulante Rehabilitationsphase. Danach steigt mein Mann wieder voll in die Politik ein.

Müsste Ihr Mann seine Entscheidung für die Politik noch mal überdenken, wenn die Rehabilitation in den kommenden Wochen doch nicht so positiv verläuft wie erwartet?

Ich glaube, dass es jetzt Stück für Stück weiter vorangeht. Da ich ihn von den ersten Stunden nach dem Unfall bis heute immer begleitet habe, kann ich beurteilen, was er jetzt schon wieder kann. Mein Mann wird das Amt des Ministerpräsidenten wieder ausüben können.

Wissen Sie, worauf Sie sich einlassen? Ihr Mann wird im Wahlkampf aufs Schärfste beobachtet werden, jede Mimik, jede Geste, jedes Wort.

Ja gut, das mag sein. Aber der Wahlkampf wäre immer hart gewesen, und er wird jetzt nicht weniger hart sein. Ich hoffe, dass nicht der Unfall zählt, sondern die Regierungsbilanz meines Mannes aus den letzten Jahren.

Was erwarten Sie vom politischen Gegner?

Ich erwarte Fairness und dass alle zu ihrem Wort stehen, dass der Skiunfall keine Rolle im Wahlkampf spielen wird. Das haben mehrere Spitzenpolitiker der Opposition klar und deutlich erklärt.

Ihr Mann war ein Hochleistungspolitiker mit 16-Stunden-Tagen und randvollem Terminkalender. Kann es eine Rückkehr in dieses alte Leben geben?

Selbstverständlich wird mein Mann das Amt des Ministerpräsidenten wieder voll ausüben und erneut auch als Spitzenkandidat antreten.

In der Öffentlichkeit müssen Politiker oft das Bild eines allseitig belastbaren Machers abgeben. Glauben Sie, dass die Menschen Verständnis haben werden, wenn Ihr Mann diesen Anforderungen zunächst nicht genügen kann?

Der Wahlkampf selbst wird erst im Sommer sein. Bis dahin wird mein Mann wieder voll einsatzfähig sein.

Glauben Sie, dass die Menschen auch Verständnis dafür haben werden, dass er sein Amt wieder übernimmt, obwohl er wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde?

Ich glaube, die Menschen werden das verstehen. Wir haben Hunderte von Briefen bekommen, Anrufe und E-Mails. Die Menschen sagen: Es war ein Unglück, das jedem hätte passieren können. Trotzdem hat mein Mann die Verantwortung für sein Handeln übernommen. Damit hat er auch Größe gezeigt.

Was war das für ein Moment, als Sie ihm sagen mussten, dass bei seinem Skiunfall ein Mensch zu Tode gekommen ist und er die Schuld daran trägt?

Da war er natürlich sehr traurig. Er hat überhaupt keine Erinnerung an den Unfall und konnte erst mal für sich gar nicht begreifen, was geschehen war.

Wie stark bewegt Ihren Mann die persönliche Schuld, die er am Geschehen trägt?

Er hat die Verantwortung für sein Handeln übernommen. Es war ein tragisches Unglück.

Wie intensiv hat Ihr Mann Anteil am Verlauf des Gerichtsverfahrens genommen?

Selbstverständlich hat mein Mann das juristische Verfahren zur Kenntnis genommen. Außerdem ist es mit ihm besprochen worden.

Es wurde auch Kritik laut, dass Ihr Mann aus gesundheitlichen Gründen nicht am Prozess teilnahm, gleichzeitig aber schon wieder regelmäßig Telefonate führen konnte.

Bis zum Zeitpunkt des juristischen Verfahrens hat mein Mann kaum telefoniert. Wenn, dann mit unseren Kindern und seiner Mutter.

Bei der Trauerfeier für das Unfallopfer Beata Christandl haben Sie den Witwer umarmt. Was haben Sie in diesem Moment empfunden?

Es war für mich nicht einfach, am Grab von Frau Christandl zu stehen. Das war ein sehr schwerer Gang. Ich war tieftraurig und hatte sehr starkes Mitgefühl mit dem Ehemann und seiner Familie. Ich bin froh, dass ich zur Trauerfeier gegangen bin.

Wie haben Sie die letzten Monate erlebt? Es gab ein enormes Interesse der Medien; als Sie mit Ihrem Mann durch die Konstanzer Innenstadt bummelten, wurden Sie fotografiert.

Unser Hauptwohnsitz war ja die Klinik, da herrscht eine sehr schöne, warmherzige Atmosphäre, und wir wurden da auch sehr gut abgeschirmt. Als wir in der Fußgängerzone in Konstanz waren, haben wir gar nicht mitbekommen, dass wir fotografiert wurden. Wir machen täglich unsere Spaziergänge und lassen uns von dem ganzen Rummel nicht beeindrucken.

Vermutlich hatten Sie und Ihr Mann noch nie so viel gemeinsame Zeit wie jetzt füreinander. Können Sie der Situation auch etwas Positives abgewinnen?

Es war tatsächlich eine unglaublich intensive Zeit, die ich in den letzten Wochen mit meinem Mann durchlebt habe. Wir sind durch alle Höhen und Tiefen miteinander gegangen. Wir sind noch näher zusammengerückt.

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Interview: Tilman Gerwien