Nach Ski-Unfall Althaus droht Millionenzahlung

  • von Christina Schrezenmeir
Das Strafverfahren ist beendet, Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus will zurück in die Politik. Doch der tragische Skiunfall wird ihn weiter belasten, eine zivilrechtliche Einigung mit der Familie des Opfers steht noch aus. Und die kann sehr teuer werden.

Seit Wochen befindet sich der der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus in einer Reha-Klinik am Bodensee. Er erholt sich dort von seinem tragischen Skiunfall am Neujahrstag, bei dem die 41-jährige Beata Christandl getötet wurde. Interviews gab Althaus bislang nicht, aber er gab eine schriftliche Stellungnahme ab, in der er die Verantwortung für den Unfall übernimmt. Am Donnerstagabend schließlich beantwortete er - nach wochenlangen öffentlichen Spekulationen - eine weitere, entscheidende Frage: Kehrt er wieder in die Politik zurück? In einem Schreiben kündigte der 50-Jährige an, erneut für das Amt des Ministerpäsidenten zu kandidieren. Diese Entscheidung, betonte Althaus, habe er "nach dem Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens getroffen". Abgeschlossen ist der "Fall Althaus" damit aber noch lange nicht. Denn der zivilrechtliche Teil steht noch aus - und der könnte Althaus mit Forderungen in Millionenhöhe konfrontieren.

Der Strafprozess, den das österreichische Bezirksgericht Irdning am Dienstag im Turbotempo abwickelte, endete mit einer Verurteilung von Althaus wegen fahrlässiger Tötung. Er muss eine Geldstrafe in Höhe von 33.000 Euro zahlen, außerdem 5000 Euro des so genannten "Trauerschmerzensgeldes". Bei den 5000 Euro handelt es sich jedoch nur um einen kleinen Teil dessen, was dem Witwer und dem einjährigen Sohn der Verstorbenen tatsächlich zusteht. "Die Summe ist rein symbolisch, mit der Aussicht auf eine außergerichtliche Einigung", sagt Jurist Thomas Kämmer, Experte für Schadens- und Opferrecht, zu stern.de. Kämmer hat unter anderem die Opfer des Seilbahnunglücks im österreichischen Sölden 2005 vertreten, war aber auch bei zahlreichen Skiunfällen juristisch beratend tätig.

Erich Bähr, Althaus' deutscher Anwalt, hat unterdessen angekündigt, dass er versuche, möglichst schnell eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. "Die Bemühung zu einer außergerichtlichen, unbürokratischen Einigung" habe es schon lange vor der strafrechtlichen Entscheidung gegeben, sagte Bähr zu stern.de. "Dass das nicht schon längst erledigt ist, lag lediglich daran, dass der Kollege, der die Familie Christandl vertritt, die Zahlen nicht zusammen hatte." Althaus habe sogar eine Vorschusszahlung angeboten, um schon jetzt die Beerdigungskosten zu übernehmen. Aber das habe die Gegenseite abgelehnt. Nach Recht und Gesetz hat die Familie der getöteten Slowakischstämmigen nicht nur einen einen Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten, sondern auch auf Schmerzensgeld, Unterhalt für den einjährigen Sohn sowie auf die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe und eventueller Therapien - da kommt einiges zusammen.

60.000 Euro Schmerzensgeld

Wie der Jurist Kämmer erklärt, werde es sich allein bei dem Anspruch auf Schmerzensgeld um einen mittleren bis oberen fünfstelligen Euro-Betrag handeln. "Das ist eine Summe, die außergerichtlich seriös fließen könnte und sollte", sagt der 42-Jährige. "In Deutschland sind bei Fällen, die wir außergerichtlich verhandeln, in der Regel 20.000 Euro pro nahen Angehörigen unsere Zielgröße."

Das heißt: Für den Witwer, den einjährigen Sohn und die Mutter der Verstorbenen sind insgesamt etwa 60.000 Euro Schmerzensgeld zu veranschlagen. Hinzu kommen Entschädigungen für die drei Kinder, die der Vater aus einer früheren Beziehung mitgebracht hat. Sie haben einen Anspruch, sollte zwischen ihnen und der Stiefmutter eine enge emotionale Bindung bestanden haben. Falls eine psychologischen Betreuung nötig ist, wird diese zusätzlich berechnet. Die Kosten dafür können schnell einige Zehntausend Euro erreichen.

Der nächste Punkt sind die so genannten Haushaltsführungs- und Unterhaltsschäden. "Dieser Schaden entsteht dadurch, dass der Haushalt jetzt zusätzlich von einer anderen Person geführt und das Kind zusätzlich von jemand anderen betreut werden muss", erklärt Kämmer. "Je nach Bedürfnis, das im Haushalt der Familie besteht, kann die Summe hier schnell in den sechs- bis siebenstelligen Eurobereich gehen." Denkbar wäre ein Korridor zwischen 900.000 bis 2 Millionen Euro.

Althaus will Waise gut versorgen

Für den einjährigen Sohn können zusätzlich Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden. Wie Althaus Anwalt "MDR 1 Radio Thüringen" mitteilte, habe der CDU-Politiker zugesagt, für das hinterbliebene Kind sogar mehr zu tun, als es seine gesetzliche Pflicht sei. Genauere Angaben dazu machte er nicht.

Zu den genannten Kosten kommen die Auslagen für die Bestattung dazu, die sich auf zirka 10.000 Euro belaufen könnten. Summa summarum muss Dieter Althaus also damit rechnen, dass die Opferfamilie Ansprüche im Wert von ein bis zwei Millionen Euro gegen ihn geltend machen könnte. Diese Ausgaben würden selbst einen relativ gut verdienenden Ministerpräsidenten erdrücken. Althaus besitzt zwar, wie sein Anwalt stern.de bestätigte, eine private Haftpflichtversicherung. Welchen Anteil diese übernimmt, ist allerdings unklar. Bähr hofft, die Versicherung werde die Verpflichtungen größtenteils zahlen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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"Er wird ein hohes Interesse daran haben, das Verfahren so bald wie möglich abzuschließen", resümiert Kämmer. "Eine Ebene ist der Unfall, die andere ist, wie man sich anschließend verhält. Letzteres betreffend war das Verhalten von Althaus und seiner Gattin bisher vorbildlich."