"Goldene Mitte" oder eher christlich-konservativ - auch nach der Vorstandsklausur in der vorigen Woche diskutiert die CDU über ihren Kurs. Nach übereinstimmenden Medienberichten will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun doch mit der Spitze des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der Union (AEK) treffen. Die Initiative hatte der CDU-Vorsitzenden mehrfach vorgeworfen, wertkonservative Positionen zu vernachlässigen.
Der Bundesfinanzminister und frühere Parteivorsitzende Wolfgang Schäuble warnte die Merkel-Kritiker vor falschen Schlussfolgerungen: "Wer glaubt, die Gesellschaft müsste noch so sein, wie sie vor fünfzig oder hundert Jahren war, der macht einen großen Fehler", sagte er dem Magazin "Focus". "Wer das Rad zurückdrehen will, ist nicht konservativ. Er hat nur nichts begriffen." Für ihn bedeute konservativ beispielsweise mehr Engagement im Umweltschutz. "Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass Menschen, die an ihrer Heimat und den Lebensgrundlagen hängen, nicht mehr CDU wählen, sondern bei den Grünen sind", sagte Schäuble.
Auch eine Familienpolitik, wie CDU-Ministerin Ursula von der Leyen sie eingeleitet habe, halte er für konservativ. Schäuble: "Und wenn es Menschen auch in meiner Partei gibt, die das nicht verstehen, sollten sie dafür nicht anderen die Schuld geben. Ich habe es ja auch verstanden, und ich bin gar nicht überdurchschnittlich intelligent." Unter Merkels Führung habe die Union immerhin "geschafft, was wir seit 1994 nicht mehr geschafft haben. Nämlich eine Mehrheit von CDU, CSU und FDP."
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe betonte erneut das christliche Fundament seiner Partei. "Engagierte Christen bilden den Kern unserer Anhängerschaft", sagte er der "Welt am Sonntag". So setze sich die Union eindeutig für die besondere Schutzwürdigkeit von Ehe und Familie ein und habe in der Koalition mit der FDP ein Bekenntnis zum geltenden Embryonenschutzgesetz und einen verbesserten Schutz des Lebens ungeborener Kinder nach Feststellung einer Behinderung durchgesetzt. Keiner in der CDU wolle einen Schwenk nach rechts oder links, sagte der Generalsekretär. "Wir wollen nach vorne."
Wie Nachrichtenmagazine am Wochenende berichteten, will Merkel das Gespräch mit ihren christlich-konservativen Kritikern suchen und sich noch im ersten Quartal mit Aktiven des Arbeitskreises Engagierter Katholiken treffen. Nachdem Klagen über das mangelnde konservative Profil der Union lauter geworden waren, kündigte Merkel auf der Klausurtagung des CDU-Vorstandes in der vergangenen Woche an, sich mit der Spitze des AEK treffen zu wollen, schreibt "Der Spiegel". "Ich kann bestätigen, dass mir eine schriftliche Einladung zum Gespräch mit der Parteivorsitzenden vorliegt, zusammen mit weiteren Initiatoren des AEK nach Berlin zu kommen", sagte AEK-Sprecher Martin Lohmann dem "Focus". Er hatte offene Debatten mit dem Hinweis gefordert, Merkel sei Partei- "und nicht Staatsratsvorsitzende".