Martin Schulz bei "Maybrit Illner" "Die Griechen gehen mir auf die Nerven"

Langsam, aber sicher ist er beim ewigen Thema "Grexit" mit seiner Geduld am Ende: EU-Parlamentschef Martin Schulz findet in Maybrit Illners Talkrunde klare Worte für die griechische Regierung.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat in der Talkshow "Maybrit Illner" eindringlich an Griechenland appelliert, im Streit mit den internationalen Geldgebern endlich einzulenken. Er arbeite mit seinen Kollegen daran, bis spätestens Ende Juni eine Lösung zu finden "für ein Land von zehn Millionen Menschen, das vor dem totalen Zusammenbruch steht." Deshalb stehe die griechische Regierung in der Pflicht, die ausgestreckte Hand anzunehmen - alle anderen Parteien hätten sich schließlich weit bewegt, "weiter, als wir uns das vielleicht hier so ausmalen". Sollte es zu keiner Einigung kommen, so der SPD-Poltiker, schade das "nicht Herrn Varoufakis, sondern dem Hafenarbeiter in Athen".

Hitzige Diskussionrunde

Giorgos Chondros, Mitglied im Vorstand der griechischen Regierungspartei Syriza, ist ebenfalls Teil der hitzigen Diskussionsrunde und wird von Schulz wiederholt in die Schranken gewiesen. Chondros versucht zu erklären, warum sein Land den Vorschlägen nicht zustimmen könne, wenn zum Beispiel die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Medikamente als Teil des neuen Pakets für Griechenland vom Tisch sei. Schroff entgegnet Schulz: "Das können Sie nicht wissen, aber die Liste liegt in Athen, Ihre Regierung berät gerade darüber." Erst vor wenigen Stunden habe er, Schulz, in Brüssel mit Alexis Tsipras und Jean-Claude Juncker gesprochen.

Der Ton bleibt über die gesamte Sendung rau. Die Runde liefert sich wilde Wortgefechte. Beispiele? "Sie wollen Geld, was wollen Sie sonst?", teilt der europakritische Richard Sulik, Vorsitzender der slowakischen Partei Sloboda a Solidarita (Freiheit und Solidarität), in Richtung Chodros aus. Und die Griechen hätten gar keine Chance, in einer Währungsunion mit Ländern wie Deutschland, Österreich oder den Niederlanden zu überleben. Der Publizist Wolfram Weimer bezeichnet die griechischen Unterhändler als "Sirtaki tanzende Elefanten im europäischen Porzellanladen" und schlägt eine Rückkehr zum Drachme vor. Schulz erwidert, dass die gültigen Verträge das gar nicht hergeben: "Ein Austritt aus dem Euro wäre automatisch ein Austritt aus der EU."

"... dann hängen alle Europäer im Schlamassel"

Deshalb baut Schulz weiterhin auf eine Einigung, auch wenn der Weg bis dahin noch ein langer sei. Dies sei zwar vor allem die Schuld der Vorgängerregierungen, dennoch wettert der EU-Parlamentschef: "Mir gehen die Griechen, etwa Herr Varoufakis, gewaltig auf die Nerven." Eine Einigung sei weiter möglich und nötig, da pflichtet ihm Ulrike Guérot von der Stiftung "Open Society Initiative for Europe" bei: "Wenn etwas mit Griechenland passiert, hängen alle Europäer im Schlamassel." Das ganze europäische Konstrukt ist für Guérot einsturzgefährdet. Eine schnelle Lösung zu finden, sei deshalb das Gebot der Stunde. Sulik hat da eher wenig Hoffnung: "Die Griechen tanzen auf den Köpfen der Gläubiger herum - nach dem Motto: Die werden schon nachgeben." Und Weimer legt nach: "Wie Griechenland sich immer weiter durchschummeln will, hat mit einem gerechten Europa nichts zu tun."

Und so reiben sie sich auf in ihren Wortgefechten, die Gäste von Maybrit Illner, und drehen sich dabei nicht selten im Kreis. Vielleicht ist es Christoph G. Paulus, ein Professor für Insolvenzrecht, der den einzigen Satz der Sendung spricht, zu dem es nicht mindestens zwei Meinungen gibt: "Griechenland ist schon seit langem insolvent."

tim