15 Getötete in Sydney Attentäter von Bondi Beach offenbar auf den Philippinen ausgebildet

Eine Frau gedenkt der Getöteten bei dem Anschlag am Bondi Beach in Sydney
Eine Frau gedenkt der Getöteten bei dem Anschlag am Bondi Beach in Sydney
© Mark Baker / AP / DPA
Nach dem Anschlag auf das Chanukka-Fest am Bondi Beach in Sydney laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Nun gibt es neue Details zu den Tätern. Und Australiens Premier äußert sich.

Die beiden Attentäter des Terroranschlags am Bondi Beach in Sydney waren nach Darstellung des australischen Premierministers Anthony Albanese anscheinend von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beeinflusst. "Es scheint, dass das (der Anschlag) durch die Ideologie des Islamischen Staates motiviert war", sagte Albanese dem Radiosender ABC Sydney. Auf die Frage, ob er das Gefühl habe, genug gegen Antisemitismus in seinem Land getan zu haben, erwiderte er: "Wir tun, was wir können." Die Ideologie des IS habe zu "dieser Ideologie des Hasses geführt, und in diesem Fall zu der Bereitschaft, einen Massenmord zu begehen. Wir arbeiten so hart wie möglich."

Einem Medienbericht zufolge sollen die Attentäter kurz vor dem Anschlag auf das jüdische Fest am Bondi Beach mit 15 Todesopfern eine "militärähnliche Ausbildung" auf den Philippinen erhalten haben. Das berichtete der australische Fernsehsender ABC unter Berufung auf Sicherheitskreise. Der Chef der Polizei des Bundesstaats New South Wales, Mal Lanyon, bestätigte laut dem "Guardian", dass beide Attentäter im vergangenen Monat auf die Philippinen gereist waren. Der Zweck dieser Reise und der dortige Aufenthaltsort der beiden würden derzeit untersucht, hieß es.

Gazakrieg befeuert Antisemitismus

Seit dem Terrorangriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist es nach Angaben jüdischer Repräsentanten zu einem drastischen Anstieg antisemitischer Übergriffe in Australien gekommen. Nach dem Anschlag am Sonntag am jüdischen Lichterfest Chanukka mit 15 Toten warf Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der australischen Regierung vor, nichts unternommen zu haben, um einen Anstieg des Judenhasses zu stoppen. 

Laut der australischen Sonderbeauftragten für den Kampf gegen Antisemitismus, Jillian Segal, nahmen antisemitische Vorfälle allein von Oktober 2023 bis September 2024 um 316 Prozent zu. Es seien mehr als 2000 Fälle gemeldet worden, darunter Drohungen, Übergriffe, Sachbeschädigungen und Einschüchterungen. Dazu zählte sie einen Brandanschlag im Dezember 2024 auf eine Synagoge in Melbourne. Die australischen Behörden machten damals den Iran verantwortlich und wiesen den iranischen Botschafter aus.

Australien möchte "Antisemitismus ausmerzen"

Albanese sagte dem Radiosender, man werde weiter alles tun, um gegen Judenfeindlichkeit vorzugehen. "Wir möchten den Antisemitismus ausmerzen. Das ist das Ziel", sagte der Premier. 

Bei den Angreifern vom Bondi Beach handelte es sich den Ermittlern zufolge um Vater und Sohn. Der 50-jährige Vater wurde von Einsatzkräften am Tatort erschossen. Sein 24-jähriger Sohn wurde angeschossen und festgenommen, er liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. 

Unter den 15 Todesopfern sind neuen Informationen zufolge auch eine Holocaust-Überlebende, ein Rabbiner sowie ein zehnjähriges Mädchen. Die Zahl der Überlebenden, die noch im Krankenhaus behandelt werden, wurde auf 25 konkretisiert.

Ein "wahrer australischer Held"

Auch der Passant, der bei seinem Versuch, einen der Täter zu entwaffnen, angeschossen wurde, befindet sich weiterhin im Krankenhaus. In ihm sieht Albanese eine "Inspiration für alle Australier". Ahmed al Ahmed sei ein "wahrer australischer Held. Er ist sehr bescheiden", sagte Albanese zu Reportern, nachdem er den in Syrien geborenen 43-Jährigen im Krankenhaus besucht hatte. Al Ahmed hatte einen der beiden Angreifer überwältigt, wie Aufnahmen zeigen. Er hatte den Angreifer von hinten gepackt und ihm nach einem kurzen Kampf die Waffe entrissen. Er erlitt Schusswunden in der Schulter und muss mehrfach operiert werden. 

"Er hat sich entschlossen einzugreifen, und sein Mut ist eine Inspiration für alle Australier", sagte Albanese. Er habe auch seine Eltern getroffen, die aus Syrien zu Besuch seien. "Es sind stolze Eltern", sagte der Regierungschef.

Mehr Menschen versuchten Angreifer in Sydney zu stoppen

Unterdessen berichtete die Zeitung "Sydney Morning Herald" von einem weiteren Fall von Zivilcourage. Demnach zeigten Aufnahmen einer in einem Auto installierten Videokamera, wie ein Paar zuvor versuchte, denselben Angreifer zu stoppen. Die beiden Passanten hätten den Mann angegriffen, als er bewaffnet aus seinem Auto stieg, hieß es. Das Paar habe ihn auf die Straße gestoßen und ihm das Gewehr aus den Händen gerissen. Der Angreifer sei danach zurück auf den Gehweg getaumelt. 

Drohnenaufnahmen, die nach dem Vorfall gemacht worden seien, zeigten das Paar tot nebeneinander auf dem Gehweg liegend, hieß es. Ihre Identitäten seien bislang nicht öffentlich bekanntgegeben worden, berichtete die Zeitung. 

Der "Guardian" berichtete zudem über andere Aufnahmen, auf denen ein Mann zu sehen ist, wie er einen Gegenstand auf denselben Angreifer wirft, nachdem dieser von Ahmed al-Ahmed entwaffnet worden war. Die Tochter des Mannes habe ihren Vater auf den Aufnahmen identifiziert, hieß es. "Er schaffte es, Ziegelsteine zu werfen, er schrie ... und beschützte seine Gemeinde, er wurde erschossen", wurde die Tochter von der Zeitung weiter zitiert.

Waffengesetze nach Attentat auf dem Prüfstand

Als direkte Folge des Anschlags von Sydney hat die australische Regierung eine Überprüfung der Waffengesetze des Landes eingeleitet. Hintergrund ist die neue Erkenntnis, dass einer der Attentäter legal mehrere Schusswaffen besaß. Bei dem Anschlag eines Vaters und seines Sohnes am Sonntag waren 15 Menschen getötet worden. Wie nun ebenfalls bekannt wurde, war der jüngere Täter dem Geheimdienst bereits wegen möglicher Terrorverbindungen bekannt, wurde aber als ungefährlich eingestuft.

Der 50-jährige Vater besaß den neuen Erkenntnissen zufolge seit 2015 einen Waffenschein und hatte sechs Waffen legal registriert. Sein 24-jähriger Sohn war 2019 vom Geheimdienst überprüft worden, nachdem er Kontakt zu einem verurteilten IS-Terroristen hatte. Das islamistische Motiv der Tat wurde durch den Fund von zwei IS-Flaggen im Auto der Täter weiter erklärt. Dem Angriff war offenbar eine Täuschung innerhalb der Familie vorausgegangen: Der Sohn hatte seiner Mutter erzählt, er und sein Vater seien auf einem Angelausflug.

Die australische Regierung stufte die Tat als antisemitischen Terroranschlag ein. Das genaue Motiv der beiden ist aber weiter unbekannt. Örtliche Medienberichte, wonach in einem Auto der beiden Männer zwei IS-Flaggen gefunden wurden, bestätigte die Polizei mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht.

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.

DPA · Reuters
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