Migration Kritik an Schäuble-Plan für schärfere Zuwanderungsregeln

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble will das Zuwanderungsrecht verschärfen, um Zwangsehen, Prostitution und Schleusungen zu erschweren. Er stößt damit aber auf Kritik in den anderen Parteien.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble will das Zuwanderungsrecht verschärfen, um Zwangsehen, Prostitution und Schleusungen zu erschweren. Er stößt damit aber auf Kritik in den anderen Parteien.

Schutz vor Zwangsehen

Eine Sprecherin Schäubles bestätigte, dass der entsprechende Gesetzentwurf vorsieht, dass Ehepartner beim Familiennachzug erst ab dem 21. Lebensjahr eine Aufenthaltserlaubnis erhielten. Damit sollten junge Ausländerinnen vor Zwangsehen geschützt werden. Bei Scheinehen soll eine Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich untersagt werden, um auf diese Weise ihren Missbrauch vor allem zur Zwangsprostitution zu verhindern. Beim Koalitionspartner SPD wurden Vorbehalte gegen die Pläne laut. Ihr Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte Reuters, man sei sich zwar in den Zielen einig, aber noch nicht bei den Instrumenten, etwa der höheren Altersgrenze. Grüne und FDP äußerten verfassungsrechtliche Bedenken.

Der 260 Seiten starke Gesetzentwurf, über den der "Spiegel" berichtete, wurde nach Angaben der Sprecherin nach der Billigung durch Schäuble in die Abstimmung zwischen den Ministerien gegeben. Ziel sei ein Kabinettsbeschluss bis Ende März und ein In-Kraft-Treten der Neuregelungen vor der Sommerpause. Mit dem Gesetz sollen elf Richtlinien der Europäischen Union (EU) umgesetzt werden, von denen einige eine Neuregelung bis Herbst dieses Jahres erfordern. Der Entwurf sieht die Speicherung der Fotos von Millionen Ausländern vor, deren Identität besser überprüfbar werden soll. Langfristig sollen nach den Plänen des Innenministeriums bis zu 30 Millionen Fotos gespeichert werden, auf die Polizei und Justiz online zugreifen können sollen.

Vorbehalte der SPD und Kritik seitens der Grünen und der FDP

SPD-Innenexperte Wiefelspütz sagte, es bestehe in der Koalition Einigkeit, den erkennbaren Problemen etwa bei den Themen von Zwangs- und Scheinehen entgegen zu treten. "Das sind keine Kleinigkeiten, sondern schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen." Zu einzelnen Plänen des Ministeriums habe er aber Bedenken: "Starre Altersgrenzen halte ich für ein ungeeignetes Instrument." Der Entwurf sei noch nicht mit der SPD abgestimmt. "Politisch relevant wird er erst, wenn auch die ihn mitträgt." Dabei dürfe man sich angesichts der Bedeutung des Themas nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Wiefelspütz warnte die CDU auch vor einer generellen Verschärfung des Zuwanderungsrechts, das ein zentrales Projekt der alten rot-grünen Regierung war. "Es wird mit uns keine generelle Verschärfung geben."

"Ein integrationsfeindliches Signal"

Die Grünen, für die das bisherige Zuwanderungsrecht ein besonderes Herzensthema ist, lehnten Schäubles Pläne scharf ab. Parteichefin Claudia Roth erklärte: "Der Vorschlag fördert Integration nicht, sondern ist ein integrationsfeindliches Signal." Der parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck sprach von verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das höhere Nachzugsalter für Ehepartner, da auch für diese Fälle der Schutz des Grundgesetzes gelte.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Auch der FDP-Innenpolitiker Max Stadler warf Schäuble vor, mit der geplanten Regelung die Grenzen der Verfassung zu überschreiten. Offenbar wolle das Ministerium die Umsetzung der EU-Richtlinien dazu nutzen, das Recht auch in anderen Bereichen im Sinne der Union zu verändern. Die Linkspartei wandte sich ebenfalls scharf gegen Schäubles Pläne. Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland nannte die geplante Regelung zum Nachzug verfassungswidrig.

Reuters
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