Neue Krankenkassenbeiträge So viel kostet Sie die Gesundheitsreform

Mehr Netto vom Brutto hatten Union und FDP den Menschen versprochen. Doch mit der Gesundheitsreform dürften viele etwas weniger im Geldbeutel haben.

Hintergrund der Gesundheitsreform ist das Ansinnen, den gesetzlichen Krankenkassen kurzfristig Luft verschaffen. Langfristig soll sich die Finanzierungsgrundlagen ändern. Für die Versicherten werden die Änderungen bereits zum 1. Januar 2011 spürbar.

Beitragsanstieg

Im kommenden Jahr steigt der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent. Für die Arbeitnehmer gilt weiter ein 0,9-prozentiger Sonderbeitrag. Deshalb müssen sie dann 8,2 Prozent auf ihr Einkommen bezahlen, die Arbeitgeber 7,3 Prozent. Der Satz wird bei diesem Stand eingefroren und spült rund 6 Milliarden Euro zu den Kassen.

Das bedeutet für den Kassenpatienten: Bei einem Bruttogehalt von 1000 Euro werden 82 statt 79 Euro im Monat fällig, bei 1500 sind es 123 statt 118,50 Euro, bei 2000 sind es 164 statt 158 Euro. Für Versicherte mit einem Brutto von 3750 Euro auf 307,50 Euro, das wären 11,25 Euro mehr als bisher. Die Erhöhung betrifft auch Millionen Senioren, die staatliche Rente und Betriebsrenten erhalten.

Wenn die Änderungen zum 1.1.2011 wirksam werden, gibt es kein Sonderkündigungsrecht. Es gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von zwei vollen Kalendermonaten. Ein uneingeschränkter Wechsel ist grundsätzlich erst nach 18-monatiger Mitgliedschaft in der bisherigen Kasse möglich. Für Versicherte, die sich mit einem Wahltarif für drei Jahre an ihre Kasse gebunden haben, gilt kein Sonderkündigungsrecht.

Zusatzbeiträge

Derzeit ist der Zusatzbeitrag, den einige Kassen von ihren Versicherten erheben, auf ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens begrenzt, das sind maximal 37,50 Euro im Monat. Diese Deckelung entfällt. Die Pauschalen sind unabhängig vom Einkommen zu zahlen. Wenn ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag mehr als zwei Prozent des Bruttoeinkommens beträgt, bekommt der Versicherte die Differenz als Sozialausgleich aus Steuern.

Das bedeutet für Sie: Beträgt der von ihrer Kasse geforderte Zusatzbeitrag zum Beispiel 20 Euro, bekommen Sie ab einem Einkommen von 1000 Euro keinen Ausgleich. Verdienen Sie nur 800 Euro, beträgt Ihr Zusatzbeitrag nur 16 Euro. Zwar zahlen Sie den von der eigenen Kasse verlangten Zusatzbeitrag komplett, der normale Kassenbeitrag wird aber um 4 Euro reduziert.

Was passiert mit Beitragsverweigerern?

Wer sechs Monate keinen Zusatzbeitrag zahlt, dem droht künftig ein Säumniszuschlag von drei monatlichen Zusatzbeiträgen, mindestens aber 30 Euro - zusätzlich zur Nachzahlung der regulären Beiträge.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wer ist vom Zusatzbeitrag befreit?

Empfänger von Arbeitslosengeld I müssen den Zusatzbeitrag bezahlen, ALG-II-Bezieher hingegen nicht. Befreit sind auch die Empfänger von Kranken-, Mutterschafts- und Elterngeld. Nicht erhoben wird er zudem bei Wehr- und Zivildienstleistenden, Versicherten im Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr und bei Auszubildenden mit einem Entgelt von bis zu 325 Euro.

Ab wann dürfen Patienten sich privat versichern?

Ein Jahr nach Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze von derzeit 49.950 Euro dürfen gesetzlich Versicherte in eine Privatkasse wechseln. Bisher waren es drei Jahre.

Einsparungen bei Ärzten und Kliniken

Der Ausgabenanstieg für Ärzte, Kliniken und die Pharmaindustrie wird durch die Reform und weitere Gesetze 2011 um 3,5 Milliarden Euro gesenkt. Zusammen mit dem Beitragsplus soll so das Kassendefizit gedeckt werden, das 2011 bei bis zu 11 Milliarden Euro liegen könnte.

Der Bundeszuschuss für die gesetzlichen Kassen sinkt von 15,7 auf 15,3 Milliarden Euro. Wegen wegfallender Staatshilfe in der zurückliegenden Krise hätte er eigentlich stärker sinken sollen, doch 2 Milliarden kommen neu dazu. Dies soll die Finanzierung des Sozialausgleichs bis 2014 sichern. 2014 soll über weitere Steuermittel für 2015 entschieden werden.

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DPA
swd/DPA/AFP