Noelle-Naumann tot Die "Grande Dame der Demoskopie"

Elisabeth Noelle-Neumann, Pionierin der deutschen Meinungsforschung und Allensbach-Gründerin, ist im Alter von 93 Jahren gestorben.

Die Pionierin der Meinungsforschung in Deutschland, Elisabeth Noelle-Neumann, ist tot. Sie starb am Donnerstag im Alter von 93 Jahren in ihrem Haus in Allensbach am Bodensee, wie das Institut für Demoskopie Allensbach mitteilte. Die "Grande Dame der Demoskopie" gründete das erste deutsche Meinungsforschungsinstitut, baute das Institut für Publizistik an der Mainzer Universität auf und machte es zu einem Zentrum empirisch-analytischer Medienforschung in Deutschland.

Noelle-Neumann sei mittags gegen 13.30 Uhr in ihrem Haus in Allensbach gestorben, sagte die Leiterin des Berliner Büros des Instituts, Sylvia Horst. Sie bestätigte damit einen Bericht des Konstanzer "Südkurier".

Die auch als "Pythia vom Bodensee" bezeichnete Demoskopin, die nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes nur noch ihren Mädchennamen Noelle verwandte, gilt als Wegbereiterin der Meinungsforschung in Deutschland. Mit ihrem Namen untrennbar verbunden sind das von ihr gegründete Institut für Demoskopie sowie ihre Theorie der "Schweigespirale". Diese besagt, dass Menschen aufmerksam alle Signale aus ihrer Umwelt und den Medien wahrnehmen und dann aus Angst, sich zu isolieren, unbewusst auf die Äußerung von Minderheitsmeinungen verzichten. Dadurch werde das eine Meinungslager immer lauter und selbstbewusster, während das andere mehr und mehr verstumme.

Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Noelle-Neumann als "treibende Kraft der Demoskopie in Deutschland", die "entscheidend zu notwendigen politischen und gesellschaftlichen Debatten in Deutschland beigetragen" habe. "Ihr Lebenswerk wird im Institut für Demoskopie Allensbach und unserer Demokratie insgesamt fortwirken." Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan würdigte Noelle-Neumann als "Wegbereiterin der modernen Meinungsforschung und überzeugende Stimme in der öffentlichen Debatte in Deutschland".

Der Leiter der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, sagte dem "Mannheimer Morgen": "Natürlich hat es eine Reihe von methodischen Differenzen zu dem gegeben, was Elisabeth Noelle-Neumann getan hat, aber Frau Noelle-Neumann hat ohne Zweifel zu den ganz Großen ihres Fachs in Deutschland und der westlichen Welt gehört."

Noelle lernte bei einem Studienjahr in den USA von 1937 bis 1938 die von George Gallup entwickelte Methode der repräsentativen Meinungsumfragen kennen. 1939 schrieb sie darüber in Berlin ihre Dissertation. 1946 heiratete sie den Journalisten Erich Peter Neumann und nahm den Doppelnamen Noelle-Neumann an. Zusammen mit ihm gründete sie 1947 das Institut für Demoskopie Allensbach, das sie bis zu ihrem Tod leitete. Heute beschäftigt das Institut etwa 100 hauptberufliche Mitarbeiter und 2.000 nebenberufliche Interviewer.

Von 1961 bis 1964 war Noelle-Neumann zudem Dozentin an der FU Berlin, 1965 wurde sie zur außerordentlichen und 1968 zur ordentlichen Professorin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz berufen. Dort baute sie ab 1967 das Institut für Publizistik auf, dessen Direktorin sie bis zu ihrer Emeritierung 1983 war.

Nach dem Tod ihres Ehemanns 1973 heiratete Noelle-Neumann 1979 den Kernphysiker Heinz Maier-Leibnitz. Bis zu dessen Tod im Jahr 2000 führte sie offiziell den Nachnamen Noelle-Neumann-Maier-Leibnitz. Im Jahr 2006 erschien ihre Autobiografie "Die Erinnerungen".

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APN, DPA