Programm-Check Linkspartei (V) Brauchen wir einen Mindestlohn?

Friseure arbeiten in Ostdeutschland oft für unter fünf Euro die Stunde. Ein allgemeiner Mindestlohn könnte Abhilfe schaffen. Auch die Linkspartei will ihn. stern.de hat die Forderung überprüft.

Beim Wort genommen

"Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 8,44 Euro wie in Frankreich wird durchgesetzt." (100-Punkte-Programm der Linkspartei)

Die Sicht der Linken:

Außer Union und FDP wollen alle im Bundestag vertretenen Parteien einen gesetzlichen Mindestlohn einführen. Kein Wunder, gibt es doch Menschen, die für weniger als drei Euro pro Stunde arbeiten. Den höchsten Mindestlohn verlangt die Linke.

Dietmar Bartsch

, Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, fordert im Gespräch mit stern.de deutlich über acht Euro: "Denn ein Mindestlohn ist nur dann kein Armutslohn, wenn er die Existenz sichert und zum Leben ausreicht. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist ein wirksames Mittel gegen Lohndumping. Es geht nicht an, dass Unternehmen Hungerlöhne zahlen, die dann zu Lasten des Steuerzahlers aufgestockt werden müssen, während die Unternehmen selbst enorme Gewinne einfahren. Der Osten hat gezeigt, dass Lohndumping keine Arbeitsplätze schafft. Die Arbeitslosigkeit ist im Osten nach wie vor doppelt so hoch wie im Westen und das bei einem sehr niedrigen Lohnniveau. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist nicht Gift, sondern Mitgift für den Arbeitsmarkt und die Binnennachfrage. Letztendlich können nur Mindestlöhne die wachsende Gefahr von Altersarmut bannen. Der Mindestlohn ist kein Schreckgespenst, sondern Normalfall in Europa. Warum soll in Deutschland nicht funktionieren, was in 20 der 27 EU-Staaten Praxis ist? In Frankreich beispielsweise liegt der gesetzliche Mindestlohn derzeit bei 8,71 Euro."

Rudolf Hickel

Direktor des "Instituts Arbeit und Wirtschaft" (IAW)

"Die aggressive Ablehnung von Mindestlöhnen in Deutschland ist ärgerlich. Sie steht im Widerspruch zu den wissenschaftlich belegten, positiven Erfahrungen im Mindestlohnausland. Dabei schreitet die Spaltung des Arbeitsmarktes zugunsten des Niedriglohnsektors beängstigend voran. Die Zahl der Beschäftigten, deren Arbeitseinkommen heute in Deutschland die Armutsgrenze (zwei Drittel des Lohns eines Arbeitnehmers in der Mitte der Lohnskala) unterschreitet, beläuft sich auf über 6 Mio. In Westdeutschland sind es 11% und in Ostdeutschland 25% der Beschäftigten, die weniger als 7,50 Euro pro Stunde bezahlt bekommen. Hier liegt ein Markt-Macht-Versagen vor. Armutslöhne bezahlende Unternehmen nutzen oftmals die Abhängigkeit der Schwächsten am Arbeitsmarkt aus. Zu loben sind die vielen Unternehmen, die weit über die Armutsgrenze hinaus angemessene Löhne bezahlen. Gegen die Lohndrücker muss per Gesetz vorgegangen werden. Denn die tarifliche Lohnfindung funktioniert in dieser 'Wildwestökonomie' schon lange nicht mehr. Schließlich spekulieren die Lohndrücker darauf, dass der Staat die Differenz zwischen Hungerlohn und Armutsgrenze durch Sozialleistungen (Kombilohn) auffüllt."

Fazit

Markus Baluska