Als Reaktion auf die jüngsten Missbrauchsskandale in Schulen und Jugendeinrichtungen plant Niedersachsen genauere Kontrollen bei der Einstellung von Pädagogen. Von Bewerbern solle künftig ein so genanntes erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt werden, in dem auch geringfügigste Vorstrafen etwa wegen Sexual- oder Misshandlungsdelikten vermerkt seien, kündigte Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) in der Donnerstagsausgabe der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" an.
Das normale Führungszeugnis listet nur Urteile von mindestens drei Monaten Haft oder Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen auf. Urteile wegen besonders schwerer Sexualdelikte werden zwar in jedem Fall auch unterhalb dieser Grenzen vermerkt. Dies gilt aber nicht für verschiedene weniger drastische Fälle - etwa exhibitionistische Handlungen oder auch die Verbreitung von Kinderpornografie.
Ein erweitertes Führungszeugnis für Beschäftigte im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit war schon vergangenes Jahr bundesweit eingeführt worden. Es wird unter anderem für Erzieher in Kindergärten, Mitarbeiter in Kinderheimen oder Bademeister in Schwimmbädern ausgestellt und listet unabhängig von der Schwere zusätzlich sämtliche Urteile auch für eine Reihe genau definierter Straftaten auf, darunter Fürsorgepflichtverletzungen oder Exhibitionismus. Nach Angaben einer Sprecherin des Kultusministeriums in Hannover reichte für eine Einstellung an Schulen bislang aber das knappere Führungszeugnis aus.
Im Zuge der Diskussion um Missbrauchsfälle hatte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) schon vor etwa vier Wochen angekündigt, die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für sämtliche "kinder- und jugendnah Beschäftigten" durch eine weitere Verschärfung des Gesetzeslage zur Pflicht machen zu wollen. Bereits am Mittwoch gab Nordrhein-Westfalens Schulministerin Barbara Sommer (CDU) bekannt, Schuldienst-Bewerber würden in ihrem Bundesland ab sofort nur noch nach Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses eingestellt.
Heister-Neumann kündigte zudem an, die Pflicht zur Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses bei Einstellungen in den Landesdienst auch mit kommunalen Verbänden sowie allen in der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Organisationen zu besprechen. Ziel sei es, den genaueren Strafnachweis nicht nur bei Lehrern und Referendaren zu verlangen, sondern bei allen Pädagogen, die mit Kindern zu tun hätten. Die Gespräche dienten zunächst auch dazu, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, inwieweit die verschiedenen Träger in der Praxis bereits mit dem erweiterten Führungszeugnis arbeiteten, sagte die Ministeriumssprecherin.