Die Versicherer können erstmal zufrieden sein. Um Rot-Grün bei den Gesetzesplänen zur Rentenbesteuerung auszubremsen und Kapitallebensversicherungen zu retten, hatten sie in den vergangenen Wochen massiv gewarnt: 400 Milliarden Euro gingen dem Kapitalmarkt verloren und damit Bürgern Altersvorsorgekapital - mit der Folge massiver Arbeitsplatzverluste und des Ausfalls eines wichtigen Konjunkturmotors.
Das muss letztlich auch die Unions-Ministerpräsidenten überzeugt haben. Nach erheblicher Verwirrung über ihren Kurs stoppt die Union mit Hilfe des von ihr dominierten Bundesrates nun doch das geplante Gesetz über die Alterseinkünfte - und vor allem den von 2005 an geplanten Abbau der Steuerfreiheit von Kapitallebensversicherungen. Im Vermittlungsverfahren will sie nun doch Verbesserungen erreichen.
Das Verfassungsgericht hat zu einer Neuregelung aufgefordert
Eigentlich geht es beim Alterseinkünftegesetz vor allem um die unterschiedliche steuerliche Behandlung von gesetzlichen Renten und Beamtenpensionen. Das hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2002 für verfassungswidrig erklärt. Die Karlsruher Richter forderten den Gesetzgeber auf, bis zum 1. Januar 2005 eine Neuregelung zu finden. Der Systemwechsel sieht nun vor, dass schrittweise Rentner mehr Steuern zahlen, was etwa 80 Prozent der Ruheständler zunächst gar nicht betrifft. Arbeitnehmer werden im Gegenzug bei ihren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zunehmend entlastet.
Das "Steuerprivileg" für Lebensversicherungen, nach dem Erträge bei einer Laufzeit von mehr als zwölf Jahren bisher steuerfrei waren, passt laut Bundesregierung nicht mehr ins neue System. Zudem sei eine weitere Steuerförderung der Altersvorsorge nicht finanzierbar, warnt der hoch verschuldete Finanzminister Hans Eichel (SPD). Denn dem Staat gehen durch die Neueregelung noch mehr Milliarden verloren.
Bei zu langer Blockade Steuerausfälle in Milliardenhöhe
CDU/CSU wissen aber auch, dass bei zu langer Blockade der Gesetzespläne auch auf die unionsregierten Länder Steuerausfälle in Milliardenhöhe zukommen. Denn kommt das Gesetz nicht pünktlich, müssten pensionierte Beamte gar keine Steuern zahlen.
So gab die Fraktionsspitze zunächst aus "staatspolitischer Verantwortung" die Strategie der "minimalen Beteiligung" vor: Ablehnung im Bundestag, aber Sicherung einer knappen Bundesratsmehrheit durch zwei bis drei Länder. Schließlich sollte die Besteuerung der gesetzlichen Rente über die Bühne gebracht werden. In einer Ministerpräsidenten-Runde kurz vor Ostern soll es sogar eine entsprechende Absprache gegeben haben. Als diese auch in der Union als merkwürdig empfundene Taktik publik wurde, spielten die in Berlin als Mehrheitsbeschaffer ins Auge gefassten Länder Thüringen oder das Saarland dann nicht mit - Sachsen hätte wohl Ja gesagt.

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Merkel musste den Kurs ändern
So musste Merkel den Kurs ändern. Sie wollte eigentlich nach den Erfahrungen mit der umstrittenen Gesundheitsreform, wo die Union der Regierung die Hand gereicht hatte, nicht auch noch bei der Rente mit der Regierung zusammenarbeiten. Nun setzt sich die Union doch wieder an den Verhandlungstisch. Das ganze Hin und Her wollte am Freitag im Bundesrat allerdings kein Unions-Ministerpräsident erläutern. Der Tagesordnungspunkt fand ohne Redner der CDU/CSU statt.
Mit dem Vermittlungsverfahren ist noch nicht gesagt, dass es am Ende zum Kompromiss kommt. Die Länderfürsten können jetzt aber zumindest der Versicherungswirtschaft erklären, sie hätten alles getan, was in ihre Macht stand, um das Gesetz zu ändern.