Die Umfragen vor der Landtagswahl im Saarland haben teils deutlich daneben gelegen. Dafür könnten vor allem bisherige Nichtwähler verantwortlich gewesen sein, die diesmal an die Urne gingen. Dazu passt, dass die Wahlbeteiligung im Vergleich zu 2012 deutlich höher war (69,7 statt 61,6 Prozent).
Ein Interview mit Robert Vehrkamp, Politologe und Demokratie-Experte bei der Bertelsmann-Stiftung, über den Einfluss von Nichtwählern.

Robert Vehrkamp
Der promovierte Volkswirt und Politikwissenschaftler Robert Vehrkamp leitet das Programm "Zukunft der Demokratie" der Bertelsmann-Stiftung. Er veröffentlichte unter anderem Publikationen zur Wahlbeteiligung und Zukunftsfähigkeit der Demokratie im demografischen Wandel.
Viele Umfragen haben vorab ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU vorhergesagt. Nun hat die CDU mit deutlichem Abstand gewonnen. Wieso lagen die Demoskopen so falsch?
Umfragen tun sich immer relativ schwer, Nichtwähler zu erfassen. Menschen, die sich nicht mehr an Wahlen beteiligt haben, beteiligen sich in der Regel auch nicht an Umfragen. Deshalb sind Wahlergebnisse, die auf Nichtwähler-Mobilisierung beruhen, durch Umfragen nur sehr schwer prognostizierbar. Und genau das ist im Saarland jetzt passiert: Es sind massiv Nichtwähler mobilisiert worden. Die Wahlbeteiligung ist um zehn Prozentpunkte gestiegen.
Welcher Partei haben die Stimmen der Nichtwähler am meisten genutzt?
Das ist eine sehr interessante Entwicklung bei der Landtagswahl im Saarland, weil die CDU eindeutig am stärksten profitiert hat. Auch die SPD hat davon profitiert, in geringerem Maße auch die AfD. Das ist jetzt eine neue Entwicklung. In den Landtagswahlen des letzten Jahres ist die Nichtwähler-Mobilisierung meistens zugunsten der Rechtspopulisten der AfD ausgefallen. Und jetzt sehen wir, dass sie auch den etablierten Parteien gelingt.
Wie ist dieser Aufwind der Volksparteien zu erklären?
Die Mobilisierung, die wir zur Zeit sehen, ist im Grunde genommen eine Art von Gegenmobilisierung. Viele Wählerinnen und Wähler - gerade aus der Mitte - sind beunruhigt durch die guten Ergebnisse der populistischen Parteien an den Rändern. Das geht vor allem zugunsten der großen Volksparteien SPD und CDU.
Grüne und FDP sind aus dem Landtag geflogen. Wieso konnten die kleinen Parteien nur so wenige Wähler überzeugen?
Den kleinen Parteien fällt es im Moment schwer, Profil zu gewinnen. Die Repolitisierung geht sehr stark in Richtung der beiden großen Volksparteien, die wieder im Mittelpunkt des politischen Diskurses stehen, die sich auch programmatisch und personell wieder etwas stärker voneinander abgrenzen, als wir das in den letzten Jahren gewohnt gewesen sind. Da tun sich die nicht-populistischen kleinen Parteien im Moment sehr schwer und leiden darunter.