Das Bundesarbeitsministerium in Berlin hat am Freitag Pläne bestätigt, wonach künftig die Kommunen entscheiden sollen, in welcher Höhe sie Hartz-IV-Empfängern die Mietkosten erstatten. Bei Kommunen, Sozialverbänden und Oppositionsparteien stieß das Vorhaben, wonach zum Beispiel Alleinstehende auf Wohnungen von 25 statt bislang 45 Quadratmetern verwiesen werden könnten, auf einhellige Kritik. Bei einer solchen Regelung könnte es unter Umständen zu Zwangsumzügen kommen.
Bislang werden Leistungen für Unterkunft und Heizung laut Gesetz "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind". Die Kosten tragen zu mehr als Dreivierteln die Kommunen. Nach einem Vorschlag der interministeriellen "Arbeitsgruppe Standards" sollen künftig die Kommunen per Satzung Obergrenzen festlegen können. Diese sollten sich am örtlichen Mietspiegel und dem Wohnniveau von Erwerbstätigen mit geringem Einkommen orientieren. Durch die regionalen Mietgrenzen sollten Behörden und Sozialgerichte entlastet werden. Ob es auch Spareffekte gebe, sei dagegen offen, sagte ein Ministeriumssprecher.
Einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge sieht der Vorschlag der Arbeitsgruppe vor, die Größe der Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern deutlich zu begrenzen. Der Ministeriumssprecher sagte, dies sei bei einem Vergleich mit anderen einkommensschwachen Gruppen realistisch.
Sparvorschläge einer weiteren Arbeitsgruppe aus Bund, Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden wollte der Sprecher nicht kommentieren. Sie würden derzeit geprüft. Laut "FTD" handelt es sich um insgesamt 200 Sparideen. Danach könnten etwa Behinderte nicht mehr kostenlos Bus und Bahn nutzen dürfen, und der Zugang zu Behindertenwerkstätten könnte für alle beschränkt werden, die einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben.
Städtebund: Kein Rückgang von Hartz-IV-Klagen
Nach Einschätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) wird die geplante Neuregelung nicht zum erhofften Rückgang der Hartz-IV-Klagen führen. "Es wird nicht funktionieren, dass die Bundesregierung ein soziales Streitthema auf die Kommunen abwälzt, sagte DStGB-Sprecher Uwe Zimmermann den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Nur eine bundesweite Regelung könne mehr Rechtssicherheit bringen.
Scharfe Kritik kam auch von der Opposition. "Bluten dürfen die Kommunen und die sozial Schwachen", kritisierte Grünen-Chef Cem Özdemir die Sparpolitik der Bundesregierung. Der SPD-Arbeitsmarktexperte Olaf Scholz sagte der WAZ-Gruppe, die Pläne seien "unsozial und unvernünftig". Die Linke warf der Bundesregierung vor, sie plane "eine Entlastung der Kommunalhaushalte auf Kosten der Ärmsten".
"Alle Sparpläne der schwarz-gelben Bundesregierung belasten einseitig Hartz-IV-Familien, arbeitslose, ältere sowie behinderte und gesundheitlich beeinträchtigte Menschen", kritisierte auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher. Der Sozialverband Volkssolidarität warf der Bundesregierung vor, sie setze ihre Sparpolitik mit "sozialer Schieflage" fort. Bundesgeschäftsführer Bernd Niederland warnte davor, den Grundsatz der Menschenwürde beim Wohnbedarf armer Menschen aufzugeben.