Streit um Rezeptpflicht Twitter, Schokolinsen und die Pille danach

  • von Daniel Regnery
Einzelne rebelllieren auf Twitter, viele springen auf die Empörungswelle auf: Die Entscheidung von CDU und FDP zur Pille danach stößt auf wenig Gegenliebe.

Im Netz macht sich Widerstand gegen eine Entscheidung der schwarz-gelben Regierung breit. Die hatte am Mittwoch die Anträge von SPD und Linke, die Rezeptpflicht für die Pille danach aufzuheben, mit großer Mehrheit abgeschmettert. Viele Betroffene hätten sich eine Freigabe gewünscht und wollen sich mit der Entscheidung nicht abfinden, wie die Gründer des Twitter-Accounts "Freie Pille danach!". Sie rufen Frauen in ihren Tweets dazu auf, sich das Medikament verschreiben zu lassen und dann zur freien Verfügung zu stellen. An nur einem Tag brachten sie so schon mehr als 100 Follower hinter sich.

Und damit nicht genug: In dem sozialen Netzwerk verbreiten seither immer mehr Menschen Kurzmitteilungen zu dem Thema, die mit dem Schlagwort "#wiesmarties" gekennzeichnet sind. Die Entscheidung der Bundesregierung wird dort mal wütend, mal sarkastisch kommentiert.

Monatealtes Zitat wird plötzlich zum Renner

Auch der unfreiwillige Schöpfer des Schlagwortes äußerte sich bereits auf Twitter. Denn: Dass im Netz nun ausgerechnet die bunte Schokolinse für Aussagen zur Pille danach steht, geht auf Jens Spahn zurück. Der bundespolitische Sprecher der CDU hatte sich in der Diskussion um das Medikament bereits im Februar zu der Aussage hinreißen lassen, dass "solche Pillen nun mal keine Smarties" seien. Nun teilte Spahn seine Verwunderung darüber mit, "wie es ein monatealtes Zitat von mir zu ungeahnter Berühmtheit schafft".

Auch die Piratenpartei, die erst kürzlich die Rezeptfreiheit für das Medikament in ihr Wahlprogramm aufgenommen hatte, wählte den ihr vertrauten Weg über das Netz und kritisierte die Entscheidung der Regierung auf Twitter. Pirat Marcel-André Casasola Merkle, dem unter dem Pseudonym "zeitweise" tausende Menschen folgen, schreibt: "Ich habe von mehr als einer Frau gehört, dass sie beim Arztbesuch für die Pille danach schikaniert und beleidigt wurde."

Andere regen sich darüber auf, dass durch die Rezeptpflicht vor dem Apotheken- erst der Arztbesuch steht, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit das Medikament benötigt wird. Einige wenige gehen im Netzwerk eher sarkastisch mit dem Thema um: "Am Rosenmontagszug in Köln wird keine Kamelle geschmissen, sondern die #Pilledanach, für die ganzen One Night Stands", schreibt Userin "Mina Dingens.". Sie erreicht mehr als 2000 Menschen über Twitter und betreibt auch ein eigenes Blog.

Eisprung wird verzögert

Die Pille danach ist ein Medikament, das der Verhütung nach ungeschütztem Sex dient. Dabei kann das in dem Präparat befindliche Hormon Levonorgestrel den Eisprung verzögern oder gar unterdrücken. Zudem soll es die befruchtete Eizelle daran hindern, sich in die Gebärmutter einzunisten. Wird das Medikament innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Sex eingenommen, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwangerschaft vermieden werden kann, bei 90 Prozent.

SPD und Linke wollten die Rezeptpflicht nun aufheben, um die Verhütung für Frauen noch ein stückweit einfacher zu machen. Durch die Entscheidung der Bundesregierung bleibt die Rezeptpflicht für das Medikament in Deutschland – anders als in weltweit aktuell 78 Ländern – bestehen. Um die Pille danach in der Apotheke kaufen zu können, müssen Frauen also weiterhin ein Rezept vom Arzt vorlegen. Europaweit ist das sonst nur noch in Italien und Polen so.