Superminister a.D. Wolfgang Clement redet "Klartext"

  • von Christina Schrezenmeir
Er war der "Superminister" der Schröder-Regierung: Wolfgang Clement. Vor einigen Monaten trat er nach einem Parteiausschlussverfahren aus der SPD aus. Spielten da Kränkungen doch eine größere Rolle, als er zugeben wollte? Nun rechnet er in seinem Buch "Klartext" mit den ehemaligen Genossen ab.

Punkt elf Uhr im Keller des Berliner Dussmann-Hauses: Nach einer kurzen Begrüßung der Mitarbeiter des Hauses betritt Wolfgang Clement die Bühne, schaut in die Runde. Rund 30 Journalisten sind gekommen, um die Vorstellung von seinem Buch "Klartext. Damit Deutschland wieder in Fahrt kommt." mitzuerleben. Rechts neben Clement wurde der deutsche Fernsehjournalist Heiner Bremer platziert. Er war eingeladen worden, um das Buch mit Clement in Form eines "Frage- und Antwortspiels" zu besprechen.

In seinem - mit 149 Seiten in ungewöhnlich großer Schrift - relativ überschaubaren Buch "Klartext" formuliert Wolfgang Clement in vier Kapiteln seine Ideen zur Verbesserung des Landes. Von der Forderung nach einer Reform des Föderalismus und einem geändertem Wahlrecht bis hin zur Bildungspolitik hat er zu jedem Thema etwas zu sagen. Lob für die aktuelle Politik hat er dabei nur selten übrig.

Probleme der SPD

Nachdem das Thema Energiepolitik abgehakt war, bekam die SPD ihr Fett jedoch erst richtig weg. Nach den Hauptproblemen der Partei gefragt, attestierte Clement seinen ehemaligen Genossen eine fehlende Streitkultur. "Alles was zu regeln ist, regeln sie von oben herab", kritisierte der studierte Jurist. "Die Parteien haben verlernt zu überzeugen", befand er weiter. Man versuche gar nicht mehr den Wähler für seine Forderungen zu gewinnen und von deren Richtigkeit zu überzeugen. Da sei es nicht verwunderlich, dass die Bürger zunehmend das Interesse an der Politik verlieren.

Auch der Umgang mit der Linken sei auf Grund deren SED-Vergangenheit vollkommen inakzeptabel: "Mit so einer Partei kann man nicht koalieren", weder auf Länder- noch auf Bundesebene. Zudem sei die SPD von einer "Regulierungswut" erfasst, die "freiheitsbedrängend geworden" sei. Das hessische Wortbruch- und Wahldebakel erwähnte er nur kurz. Er sei froh, dass die Wähler abgestraft haben, "dass sie an der Nase herumgeführt werden sollten", so Clement.

Eine "gewisse Beliebigkeit der politischen Richtung" attestierte er nicht nur der SPD, sondern allen deutschen Parteien. Diese sei verantwortlich für den massiven Vertrauensverlust in der Bevölkerung. Als Beispiel führte er den Wahlkampf aus dem Jahr 2005 an. Damals hatte die SPD monatelang die Städte mit Plakaten zugekleistert, auf denen sie Stimmung gegen die von der CDU geplanten Mehrwertsteuer machte. Nach Gründung der Großen Koalition sorgten sie jedoch nicht für einen Kompromiss. Im Gegenteil: Aus geplanten zwei Prozent Erhöhung wurden sogar drei Prozent.

Umverteilung der Kompetenzen

Neben der Parteikritik erläuterte Clement seine Forderung nach einer Umverteilung der Kompetenzen weg von den Ländern und hin zum Bund ein. Vor allem hinsichtlich des Schulsystems sei eine Neufassung der Föderalismusreform I dringend nötig, befand der ehemalige Minister. Durch diese Reform waren alle Zuständigkeiten für die Bildung an die jeweiligen Bundesländer übergegangen, was Clements Meinung nach ein Fehler war.

Neben einer neuen Föderalismusreform fordert Clement eine Änderung des Wahlrechts. Dass diese beiden Forderungen bereits seit Jahren durch die deutsche Politik geistern und nie realisiert wurden, entmutigt Wolfgang Clement offenbar nicht. Gerade jetzt, in der Krise, sei der richtige Zeitpunkt für derartige Veränderungen gekommen, findet er: "Wenn man nicht eine Krise wie diese zur Veränderung nutzt, wann dann?"