Dass er von den Gratisurlauben seines langjährigen Vertrauten Olaf Glaeseker nichts gewusst habe, verbreitet Christian Wulff nicht erst seit heute.
In diesen Tagen ist viel vom Zerwürfnis zwischen dem ehemaligen Bundespräsidenten und seinem obersten Spindoktor und Sprecher die Rede. Die Zeitungen sprechen vom „Ende einer Freundschaft“ („Spiegel“), beschwören „Trümmer einer Freundschaft“ ("Focus").
Nur: Die Trümmer fliegen schon länger. Es war vor ziemlich genau acht Monaten, am Morgen des 22. Dezember, als wir an das damals noch Wulff unterstehende Präsidialamt eine Liste mit 16 konkreten Fragen geschickt hatten. Sie betrafen die – damals noch nicht öffentlich bekannten - kostenlosen Urlaube, die Glaeseker wiederholt auf Anwesen des Eventmanager Manfred Schmidt verbracht hatte. Augenzeugen hatten uns darüber berichtet. Wulff suspendierte fünf Stunden nach Eingang unseres Fragenkataloges seinen Sprecher. Und er ließ uns am Tag darauf durch seinen Anwalt erklären, er habe „keine Kenntnisse“ von diesen Urlaubsaufenthalten gehabt. Was wir dann in einem Artikel vom selben Tagen zitierten.
„Herrn Wulff liegen hierzu keine Kenntnisse vor“ – das schrieb sein Anwalt schon damals auch auf unsere Frage, ob er gewusst habe, dass sogar seine geschiedene Ex-Frau Christiane den Gehilfen Glaeseker und dessen Gattin zu Schmidt nach Spanien und Südfrankreich begleitet hatte.
Diese Dementis klangen schon damals einigermaßen bizarr. Hatte nicht Wulff Glaeseker als seinen „siamesischen Zwilling“ bezeichnet? Die Dementis klangen noch bizarrer, nachdem bekannt wurde, dass die „Süddeutsche Zeitung“ bereits im August 2010 erstmals im Präsidialamt wegen Hinweisen auf solche Gratisurlaube angefragt hatte.
Ausgelöst durch unseren ersten Artikel über die Gratisurlaube im Dezember 2011 nahm die Staatsanwaltschaft Hannover dann die Ermittlungen gegen Glaeseker und Manfred Schmidt auf. Es geht um den Verdacht der Bestechlichkeit, denn Glaeseker hatte als Wulffs Sprecher in der niedersächsischen Staatskanzlei die Nord-Süd-Dialoge des Partykönigs Schmidt unterstützt – auch bei der Sponsorensuche.
Auch Wulff hatte offenkundig mehrfach potentielle Sponsoren angesprochen – das bestätigten uns im Januar sowohl der Talanx-Konzern wie ein Vertrauter des damaligen Bahn-Chefs Hartmut Mehdorn. Dennoch behauptet Wulff heute laut „Spiegel“, wenn Glaeseker für Schmidt Sponsorengeworben habe, dann sei das „gegen meinen Willen gewesen“.
Doch wenn Glaeseker seinen Chef so hintergangen hätte – warum bezeichnete der ihn dann noch nach dem Rauswurf im Dezember als seinen Freund? Warum lud er ihn sogar vor einigen Wochen zu seiner Geburtstagsparty ein?

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Wie gesagt, die Verteidigungslinie des Ex-Präsidenten klingt nicht sehr konsistent. Aber Wulff verfolgt sie zumindest konsequent.