Die Deutschen haben ein merkwürdiges Verhältnis zu ihrem Staatsoberhaupt: Nach einer Forsa-Umfrage für den stern erreicht Rau auf einer Skala von minus fünf bis plus fünf zwar einen Sympathiewert von 1,8 Punkten; nur Kanzler Schröder schneidet derzeit besser ab. Und gerade zwölf Prozent sind unzufrieden mit Raus bisherigem Wirken. Aber bleibende Spuren hat er in den ersten beiden Amtsjahren nicht hinterlassen. 77 Prozent antworten auf die Frage, was sie mit Rau verbinden: nichts. Jeder Zweite klagt, dass der Präsident sich zu wenig in die politische Diskussion einmische.
Dabei hatte er bemerkenswerte Auftritte. In Straßburg warb er für mehr Demokratie in der EU - das blieb aber nur bei jedem Hundertsten haften. Sein Plädoyer für eine moderne Ausländerpolitik haben 95 Prozent vergessen. Die Rede im israelischen Parlament verpuffte.
An den Medien kann es nicht liegen. In den großen Blättern und Magazinen erschienen seit seinem Amtsantritt etwa 3000 Artikel über ihn, rund 1000 mehr als im selben Zeitraum über seinen Vorgänger Roman Herzog. Im Urteil der Bürger kann er mit Herzog allerdings nicht mithalten: Nur fünf Prozent der Deutschen sagen, Rau mache seine Arbeit besser als seine Vorgänger. Der Vergleich mit Richard von Weizsäcker fällt noch bitterer aus: Selbst 46 Prozent der SPD-Anhänger finden, dass Genosse Johannes als Bundespräsident schlechter ist als der konservative Freiherr.
Lesen Sie nachfolgend Auszüge aus der Umfrage, wie die Deutschen Johannes Rau wahrnehmen und seine Arbeit bewerten. Das gesamte Umfrage-Ergebnis steht am Ende des Textes auch als Download bereit.
Bekanntheit des Bundespräsidenten
70 Prozent aller Bundesbürger können auf die Frage, wer derzeit in Deutschland Bundespräsident ist, den Namen von Johannes Rau nennen. 30 Prozent können keine Angaben machen.
Deutliche Defizite bei der Namenspräsenz finden sich bei den jüngeren, unter 45 Jahre alten Bürgern, den Arbeitern sowie den Anhängern der PDS.
Johannes Rau als Person kennt hingegen fast jeder Bundesbürger. Bei der (gestützten) Bekanntheit von Rau zeigen sich auch keine Unterschiede zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen.

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27 Prozent der Bundesbürger kennen somit zwar Johannes Rau; sie können aber nicht spontan angeben, dass er Bundespräsident ist.
70 Prozent aller Bundesbürger kennen den jetzigen Bundespräsidenten; 76 Prozent können die Namen früherer Bundespräsidenten nennen. Die über 45-jährigen sowie die Bürger mit weiterführenden Schulabschlüssen kennen frühere Bundespräsidenten häufiger als die jüngeren Bürger sowie die Absolventen von Haupt- und Realschulen.
Von den Anhängern aller Parteien können jeweils mehr als 80 Prozent den Namen eines früheren Bundespräsidenten nennen. Von den politisch weniger interessierten Nichtwählern können dies nur 57 Prozent.
Naturgemäß erinnern sich die Westdeutschen eher an frühere Präsidenten als die Ostdeutschen.
Bekannt sind vor allem die beiden Vorgänger von Johannes Rau, Roman Herzog und Richard von Weizsäcker. Ein Viertel aller Bundesbürger erinnert sich aber auch noch an Walter Scheel und Theodor Heuss. Und knapp ein Fünftel nennt die Namen Heinrich Lübke, Gustav Heinemann und Karl Carstens.
Zufriedenheit mit der Arbeit von Johannes Rau
48 Prozent aller Bundesbürger sind mit der bisherigen Arbeit von Johannes Rau zufrieden; 12 Prozent sind unzufrieden.
Mit Raus Arbeit sind in überdurchschnittlichem Maße zufrieden die über 45-jährigen (die offenbar dem Amt des Bundespräsidenten generell noch mehr Respekt zollen als die jüngeren Bürger), die Arbeiter sowie die Anhänger der SPD, der Grünen und der Union.
Weniger zufrieden sind die Ostdeutschen, die unter 45-Jährigen, die Selbständigen sowie die Anhänger der FDP und PDS.
Sympathienoten
Lässt man die Bürger ihre Sympathie für Johannes Rau anhand einer Skala von + 5 bis - 5 ausdrücken, dann erhält Johannes Rau
den Wert 1.8.
Überdurchschnittlich sympathisch ist Johannes Rau den über 60 jährigen, den Arbeitern und Beamten, den Hauptschülern sowie den Anhängern der SPD, der Grünen und der FDP.
Meinungen zur Amtsführung von Johannes Rau
Nur wenige Bundesbürger (4 %) haben das Gefühl, dass sich Bundespräsident Johannes Rau zu viel in die aktuellen politischen Diskussionen einmischt. Deutlich mehr (53 %) meinen, Rau mische sich zu wenig ein. Vor allem die Ostdeutschen wünschen sich vom Bundespräsidenten, dass er mehr als bisher in die politischen Diskussionen eingreift.
25 Prozent aller Bundesbürger (vor allem die Anhänger der Union) meinen, Johannes Rau sei als Bundespräsident nicht überparteilich genug, sondern habe eine zu große Nähe zur SPD. 51 aller Bundesbürger (vor allem Anhänger der SPD, der Grünen und der PDS) sagen jedoch, Rau arbeite überparteilich.
Quelle: Forsa